Geschrei von Freiheit

Es ist so uner­hört lächer­lich, daß alle die Län­der, die von sich behaup­te­ten, sie sei­en die frei­es­ten Län­der, in Wahr­heit ihren Bewoh­nern die gerings­te Frei­heit gewäh­ren und sie das gan­ze Leben hin­durch unter Vor­mund­schaft hal­ten. Ver­däch­tig ist jedes Land, wo soviel von Frei­heit gere­det wird, die angeb­lich inner­halb sei­ner Gren­zen zu fin­den sei. Und wenn ich bei einer Ein­fahrt in den Hafen eines gro­ßen Lan­des eine Rie­sen­sta­tue der Frei­heit sehe, so braucht mir nie­mand zu erzäh­len, was hin­ter der Sta­tue los ist. Wo man so laut schrei­en muß: Wir sind ein Volk von frei­en Men­schen!, da will man nur die Tat­sa­che ver­de­cken, daß die Frei­heit vor die Hun­de gegan­gen ist oder daß sie von Hun­dert­tau­sen­den von Geset­zen, Ver­ord­nun­gen, Ver­fü­gun­gen, Anwei­sun­gen, Rege­lun­gen und Poli­zei­knüp­peln so abge­nagt wor­den ist, daß nur noch das Geschrei, das Fan­fa­ren­ge­schmet­ter und die Frei­heits­göt­tin­nen übrig­ge­blie­ben sind.
(B. Tra­ven – Das Totenschiff)

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