Die uner­träg­li­che Leichtigkeit

Die Ewi­ge Wie­der­kehr ist ein geheim­nis­vol­ler Gedan­ke, und Nietz­sche hat damit man­chen Phi­lo­so­phen in Ver­le­gen­heit gebracht: alles wird sich irgend­wann so wie­der­ho­len, wie man es schon ein­mal erlebt hat, und auch die­se Wie­der­ho­lung wird sich unend­lich wiederholen!
(…)
Wenn sich jede Sekun­de unse­res Lebens unend­li­che Male wie­der­holt, sind wir an die Ewig­keit gena­gelt wie Jesus Chris­tus ans Kreuz. Eine schreck­li­che Vor­stel­lung. In der Welt der Ewi­gen Wie­der­kehr las­tet auf jeder Ges­te die Schwe­re einer uner­träg­li­chen Ver­ant­wor­tung. Aus die­sem Grund hat Nietz­sche den Gedan­ken der Ewi­gen Wie­der­kehr »das schwers­te Gewicht« genannt.
Wenn die Ewi­ge Wie­der­kehr das schwers­te Gewicht ist, kann unser Leben vor die­sem Hin­ter­grund in sei­ner gan­zen herr­li­chen Leicht­heit erscheinen.
Ist aber das Schwe­re wirk­lich schreck­lich und das Leich­te herrlich?
Das schwers­te Gewicht beugt uns nie­der, erdrückt uns, preßt uns zu Boden. In der Lie­bes­ly­rik aller Zei­ten aber sehnt sich die Frau nach der Schwe­re des männ­li­chen Kör­pers. Das schwers­te Gewicht ist also gleich­zei­tig ein Bild inten­sivs­ter Lebens­er­fül­lung. Je schwe­rer das Gewicht, des­to näher ist unser Leben der Erde, des­to wirk­li­cher und wah­rer ist es.
Im Gegen­satz dazu bewirkt die völ­li­ge Abwe­sen­heit von Gewicht, daß der Mensch leich­ter wird als Luft, daß er empor­schwebt und sich von der Erde, vom irdi­schen Sein ent­fernt, daß er nur noch zur Hälf­te wirk­lich ist und sei­ne Bewe­gun­gen eben­so frei wie bedeu­tungs­los sind.
Was also soll man wäh­len? Das Schwe­re oder das Leichte?
(Milan Kun­de­ra – Die uner­träg­li­che Leich­tig­keit des Seins)

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