The difficulty of a declaration of love opens up quasi-philosophical concerns about language. (…) The words were the most ambiguous in the language, because the things they referred to so sorely lacked stable meaning. Certainly travelers had returned from the heart and tried to represent what they had seen, but love was in the end like a species of rare colored butterfly, often sighted, but never conclusively identified.
The thought was a lonely one: of the error one may find over a single word, an argument not for linguistic pedants but of desperate importance to lovers who need to make themselves understood. Chloe and I could both speak of being in love, and yet this love might mean significantly different things within each of us. We had often read the same books at night in the same bed, and later realized that they had touched us in different places: that they had been different books for each of us. Might the same divergence not occur over a single love-line?
She really was adorable (thought the lover, a most unreliable witness in such matters). But how could I tell her so in a way that would suggest the distinctive nature of my attraction? Words like „love“ or „devotion“ or „infatuation“ were exhausted by the weight of successive love stories, by the layers imposed on them through the uses of others. At the moment when I most wanted language to be original, personal, and completely private, I came up against the irrevocably public nature of emotional language.
There seemed to be no way to transport „love“ in the word L‑O‑V‑E, without at the same time throwing the most banal associations into the basket. The word was too rich in foreign history: everything from the Troubadours to Casablanca had cashed in on the letters. Was it not my duty to be the author of my feelings?
Then I noticed a small plate of complimentary marshmallows near Chloe’s elbow and it suddenly seemed clear that I didn’t love Chloe so much as marshmallow her. (…) Even more inexplicably, when I took Chloe’s hand and told her that I had something very important to tell her, that I marshmallowed her, she seemed to understand perfectly, answering that it was the sweetest thing anyone had ever told her.
(Alain de Botton – On Love)
When we look at someone (an angel) from a position of unrequited love and imagine the pleasures that being in heaven with them might bring us, we are prone to overlook a significant danger: how soon their attractions might pale if they began to love us back. We fall in love because we long to escape from ourselves with someone as ideal as we are corrupt. But what if such a being were one day to turn around and love us back? We can only be shocked. How could they be as divine as we had hoped when they have the bad taste to approve of someone like us? If in order to love we must believe that the beloved surpasses us in some way, does not a cruel paradox emerge when we witness this love returned? „If s/he really is so wonderful, how could s/he love someone like me?“
(Alain de Botton – On Love)
Viele Intellektuelle tun so, als würden sie glauben, oder glauben wirklich, daß ich gegen die Demokratie Position beziehe, wenn ich sage, die öffentliche Meinung existiert nicht, die Umfragen sind gefährlich. Weil, sagen sie, die Umfragen darin bestehen, die Leute zu beraten, und was gibt es demokratischeres? In Wirklichkeit sehen sie überhaupt nicht, daß die Umfrage kein Instrument demokratischer Beratung, sondern ein Instrument rationaler Demagogie ist. Die Demagogie besteht darin, die Triebe, die Erwartungen, die Leidenschaften sehr gut zu kennen, um sie zu manipulieren oder ganz einfach, um sie zu registrieren, sie zu bestätigen, was das Schlimmste sein kann (man denke nur an die Todesstrafe oder den Rassismus). Die Sozialwissenschaften werden oft als Herrschaftsinstrument benutzt.
(Pierre Bourdieu – Was anfangen mit der Soziologie?, in: Die verborgenen Mechanismen der Macht)
Eine Witwe heiratete einen Witwer. In der ersten Nacht lagen sie nebeneinander. Die Witwe hatte Lust auf den Mann, doch er hörte nicht auf, von seiner verstorbenen Frau zu erzählen. Irgendwann fing auch die Frau an, von ihrem verstorbenen Mann zu reden. Bald darauf schnarchte der Mann neben ihr.
In der zweiten Nacht zog sich die Frau aus und legte sich zu ihrem Mann, doch als sie ihn streichelte, sagte er: »Das erinnert mich an meine Frau, selig soll sie im Schoß Gottes weilen. Sie hat auch immer gern meine Brusthaare gestreichelt.« Er zündete sich eine Zigarette an und erzählte lange von seiner verstorbenen Frau. Die Witwe besann sich und sagte darauf, daß ihr verstorbener Mann im entscheidenden Augenblick auch immer eine Zigarette geraucht und sein Mund davon wie ein Aschenbecher gestunken habe, weshalb ihr die Lust oft vergangen sei. Aber bevor sie mit ihrem Satz zu Ende war, schnarchte der Mann.
In der dritten Nacht nahm die Frau eine Flasche Wein mit ins Schlafzimmer. Sie zog sich aus, zündete eine Kerze an und schenkte dem Mann ein. Das hatte bei ihrem Verstorbenen immer Wunder bewirkt.
Der neue Ehemann nahm einen Schluck. »Chianti?« fragte er begeistert.
»Ja«, antwortete die Frau hoffnungsvoll.
»Das erinnert mich an Venedig, wo ich damals mit meiner so temperamentvollen…«
Da trat die Frau den Mann so kräftig in die Seite, daß er aus dem Bett fiel.
»Was ist los mit dir?« schimpfte er.
»Nichts. Das Bett ist nur für zwei. Wir aber liegen seit drei Tagen hier zu viert, da kann es leicht passieren, daß einer herausfällt.«
(Rafik Schami – Loblied und andere Olivenkerne)
Das Auge war von jeher weitsichtiger als alle anderen Sinne, und es erzählte von den Wundern der Welt. Aber die andern Organe nahmen das Auge nicht ernst, weil es von fernen Landschaften schwärmte, die das Ohr nicht hörte, die Nase nicht roch, die Zunge nicht schmeckte, Hand und Fuß auch nicht fühlten.
Doch eines Tages sagte das Auge: »Vorsicht, hier ist eine Grube!«
»Fängst du schon wieder an«, höhnten einstimmig Hand und Fuß. »Wir fühlen keine Grube!«
»Ich rieche sie auch nicht!« sagte großmäulig die Nase.
»Eine Grube? Schmecke ich nicht!« widersprach auch der Mund.
»Ehrlich gesagt, ich höre sie ebenfalls nicht!« meldete sich zuletzt noch, wiewohl etwas höflicher als die andern, das Ohr zu Wort.
Es dauerte nicht lange, da stürzte der Fuß und riß Hand und Mund, Nase und Ohr und auch das Auge mit sich hinab. Der Sturz sorgte bei allen für Schmerzen. Und das Auge litt wie die andern und weinte. An diesem Tag waren die anderen Sinne bereit, die Bedeutung der Weitsicht zu akzeptieren.
(Rafik Schami – Loblied und andere Olivenkerne)
Neueste Kommentare