My shoes are too tight.

- Excu­se me?

Some­thing my father said. He was old, very old at the time. I went into his room, and he was sit­ting alo­ne in the dark, crying. So I asked him what was wrong, and he said, „My shoes are too tight, but it does­n’t mat­ter, becau­se I have for­got­ten how to dance.“ I never unders­tood what that meant until now. My shoes are too tight, and I have for­got­ten how to dance.
(Baby­lon 5)

Regiert sein, das heißt unter poli­zei­li­cher Über­wa­chung ste­hen, inspi­ziert, spio­niert, diri­giert, mit Geset­zen über­schüt­tet, regle­men­tiert, ein­ge­pfercht, belehrt, bepre­digt, kon­trol­liert, ein­ge­schätzt, abge­schätzt, zen­siert, kom­man­diert zu wer­den durch Leu­te, die weder das Recht, noch das Wis­sen, noch die Kraft dazu haben… Regiert sein heißt, bei jeder Hand­lung, bei jedem Geschäft, bei jeder Bewe­gung ver­steu­ert, paten­tiert, notiert, regis­triert, erfasst, taxiert, gestem­pelt, ver­mes­sen, bewer­tet, lizen­siert, auto­ri­siert, befür­wor­tet, ermahnt, behin­dert, refor­miert, aus­ge­rich­tet, bestraft zu wer­den. Es heißt, unter dem Vor­wand der öffent­li­chen Nütz­lich­keit und im Namen des All­ge­mein­in­ter­es­ses aus­ge­nutzt, ver­wal­tet, geprellt, aus­ge­beu­tet, mono­po­li­siert, hin­ter­gan­gen, aus­ge­presst, getäuscht, bestoh­len zu wer­den; schließ­lich bei dem gerings­ten Wider­stand, beim ers­ten Wort der Kla­ge unter­drückt, bestraft, her­un­ter­ge­macht, belei­digt, ver­folgt, miß­han­delt, zu Boden geschla­gen, ent­waff­net, gekne­belt, ein­ge­sperrt, füsi­liert, beschos­sen, ver­ur­teilt, ver­dammt, depor­tiert, geop­fert, ver­kauft, ver­ra­ten und oben­drein ver­höhnt, gehän­selt, beschimpft und ent­ehrt zu wer­den. Das ist die Regie­rung, das ist ihre Gerech­tig­keit, das ist ihre Moral.
(Pierre-Joseph Proudhon – Idée géné­ra­le de la Révo­lu­ti­on au dix-neu­­viè­­­me siè­cle, 1851)

Ein Over­kill an Infor­ma­tio­nen, das Errei­chen des eige­nen Auf­nahm­eli­mits, Über­for­de­rung am Arbeits­platz, das Ver­zwei­feln an gesell­schaft­li­chen Zumu­tun­gen, phy­si­sche Beschwer­den – all das spielt kei­ne Rol­le, denn man hat sich an den Trott gewöhnt. Man erscheint immer wie­der, ob in der Schu­le oder am Arbeits­platz, ob auf direk­ten Befehl oder indi­rek­ten Druck – weil man soll. Obwohl man weiß, dass man auch an die­sem Abend mit Kopf­schmer­zen zu Hau­se ankom­men wird; obwohl man weiß, dass man von dem gan­zen Kram, der einem im Lau­fe des Tages abge­for­dert wird, schon seit lan­ger Zeit genug hat, weil es ein­fach zu viel, zu ner­vig, zu belas­tend ist; obwohl man weiß, man wird noch nicht ein­mal Gele­gen­heit haben, um über das nach­zu­den­ken, was man mit­ge­nom­men, was man erfah­ren, was man über­stan­den hat. Über­for­de­rung, Erschöp­fung, Kol­laps, Kapi­tu­la­ti­on und Schei­tern – die Dia­gno­se, sei sie nun von außen her­an­ge­tra­gen oder bereits ver­in­ner­licht, läuft in der Regel auf per­sön­li­che Defi­zi­te hin­aus, auf eige­ne Unzu­läng­lich­keit, weil man mit den Anfor­de­run­gen nicht klar­ge­kom­men ist.

Man setzt sich abends auf das hei­mi­sche Sofa, schal­tet den Fern­se­her ein und sieht einen Wer­be­spot für Kopf­schmerz­ta­blet­ten, der exem­pla­risch das Prin­zip der Schuld­zu­schrei­bung ver­deut­licht: Wer durch die äuße­ren Umstän­de Kopf­schmer­zen bekommt, durch Über­for­de­rung, durch Über­an­stren­gung oder Stress, der nimmt eine Kopf­schmerz­ta­blet­te und funk­tio­niert danach wie­der wie zuvor. Das Pro­blem ist folg­lich die man­geln­de per­sön­li­che Fun­k­­ti­ons- und Belas­tungs­fä­hig­keit, nicht die äuße­ren Umstän­de, die über­haupt erst die Kopf­schmer­zen ver­ur­sacht haben. Man hört die Bot­schaft ganz deut­lich, sie schwingt im Hin­ter­grund stets mit wie ein Flüs­tern, zu lei­se, um sie wirk­lich zu fas­sen, aber laut genug, um sie die gan­ze Zeit zu füh­len: Du bist schuld.

Egal, wor­um es geht – Arbeits­platz­ver­lust, psy­chi­sche wie phy­si­sche Beschwer­den, schlech­te Schul­no­ten oder erdrü­cken­de Arbeits­an­for­de­run­gen –, die Ant­wort ist immer gleich: Du bist schuld!

Es ist indi­vi­dua­li­sier­te Schuld, denn es liegt immer an den jewei­li­gen Men­schen selbst, wenn sie beim schu­li­schen Ler­nen ein­fach nicht mit­kom­men, kei­nen Job fin­den oder in irgend­ei­ner Wei­se ihre Unzu­frie­den­heit zum Aus­druck brin­gen. Man ist selbst schuld, wenn man mit die­ser wun­der­ba­ren Welt nicht klar­kommt, denn mit der Welt an sich, mit ihren Zustän­den, Zwän­gen und Anfor­de­run­gen, ist alles in Ord­nung, so die sug­ges­ti­ve Dia­gno­se, deren Ein­fach­heit ver­lo­ckend ist; sie zer­stört jeg­li­chen Wider­stand und jeg­li­che Kri­tik, damit man sich den Lebens­um­stän­den ein­fach ergibt, wie immer sie auch aus­se­hen mögen, denn ein Kri­ti­ker ist bloß ein Nie­mand, der den Umstän­den nicht gewach­sen ist, ein Schwäch­ling, ein Versager.

Wer für einen Job nicht umzie­hen möch­te, weil das die Auf­ga­be von Freun­des­kreis, Umfeld und Milieu bedeu­ten wür­de, wer nicht bereit ist, mini­ma­le Löh­ne anzu­neh­men, von denen er nicht leben kann, der gilt als Ver­ur­sa­cher sei­nes eige­nen Elends, der trägt die Schuld. Wer zwei­hun­dert Kilo­gramm auf den Rücken gebun­den bekommt und unter die­ser Last zusam­men­bricht, der hat sich ein­fach nicht genug ange­strengt, der ist nicht koope­ra­tiv, der ist faul oder ein Tau­ge­nichts, aber in jedem Fall ist es sei­ne, ganz allein sei­ne indi­vi­du­el­le Schuld. Dass die Umstän­de an sich besorg­nis­er­re­gend sind, dass die Last erdrü­ckend ist, dass es nicht am Indi­vi­du­um liegt, wenn es den Anfor­de­run­gen nicht genü­gen kann oder sich ihnen nicht beu­gen will, wird gar nicht in Betracht gezogen.

Wer die Zustän­de für unzu­mut­bar hält und so tap­fer ist, die­se Mei­nung aus­zu­drü­cken, wer im Extrem­fall an die­sen Zustän­den zer­bricht, des­sen Ver­hal­ten wird psy­cho­lo­gi­siert, es liegt also an Kind­heit, am Ver­hält­nis zu den Eltern, an Pro­ble­men mit der Lie­be oder an ande­ren hin­ein­pro­ji­zier­ten Moti­ven, oder es wird patho­lo­gi­siert, der­je­ni­ge ist also depres­siv und krank oder sui­zi­dal, womit das Unbe­ha­gen über die Zustän­de der Welt gleich­ge­setzt wird mit einem gene­rel­len Schei­tern am Leben, denn wer die Welt in ihrer bestehen­den Ord­nung ablehnt, der ver­zweif­le am Leben an sich.

Das nor­ma­le Ver­hal­ten, das ein­ge­for­dert wird bis zur Selbst­er­schöp­fung, ist ein nor­ma­ti­ves Ver­hal­ten, denn wer mit die­sem nor­ma­len Ver­hal­ten nichts anfan­gen kann, der muss nor­ma­li­siert wer­den, also sein abnor­ma­les Ver­hal­ten auf­ge­ben, sei­nen Wider­stand gegen die Zustän­de, die ihn erdrü­cken, ein­stel­len, um die äuße­re Nor­ma­li­tät anzu­er­ken­nen, die auf ihn wirkt und über­haupt erst in die­se Lage gebracht hat.

Richard Sen­nett hat den fle­xi­blen Men­schen, der sich läs­sig bis zum Umfal­len sämt­li­che Anfor­de­run­gen einer sozi­al und tech­nisch hoch­ver­schal­te­ten Lebens­welt auf­bu­ckelt, als Mythos des noma­di­schen Tur­­bo-Kapi­­ta­­lis­­mus dis­kre­di­tiert. Der fle­xi­ble Mensch […] ist jener Robot, der sei­ne eige­ne Über­for­de­rung noch als Selbst­ver­wirk­li­chung ver­kauft, wäh­rend die Siche­run­gen durchbrennen.
(Goed­art Palm bei Tele­po­lis)

So schleift man sich jeden Tag zurück, macht, was ver­langt wird, und behan­delt die Sym­pto­me – bei­spiels­wei­se mit­hil­fe von Kopf­schmerz­ta­blet­ten. Man macht sich kaputt, nimmt alles auf sich, ist maso­chis­tisch, aber es ist okay, denn man will kein Ver­sa­ger sein. Man bekommt Hil­fe, die man freu­dig ent­ge­gen­nimmt, wird gestützt und auf­ge­baut, um bloß nicht umzu­fal­len. Man glaubt, was im Hin­ter­grund lei­se rauscht: Du bist schuld!

Aber viel­leicht sind es ja gar nicht die so genann­ten Ver­sa­ger, mit denen etwas nicht stimmt. Wer die Welt, wie sie ist, nicht aus­ste­hen kann, der ist kein Fall für psy­cho­lo­gi­sche Betreu­ung oder die Lebens­be­ra­tung, son­dern kann pri­mär ein­fach nur die Welt nicht aus­ste­hen, so wie sie ist. Wer die Zustän­de zum Kot­zen fin­det, wer sich ihnen wider­setzt oder sie nicht aner­kennt, weil er viel­leicht sogar dar­an zer­bricht, der hat ein berech­tig­tes Anlie­gen – ein Anlie­gen, das mit per­sön­li­chen Defi­zi­ten nichts zu tun hat.

Nie­mand soll­te jemals arbei­ten.
Arbeit ist die Ursa­che nahe­zu allen Elends in der Welt. Fast jedes erdenk­li­che Übel geht aufs Arbei­ten oder auf eine fürs Arbei­ten ein­ge­rich­te­te Welt zurück. Um das Lei­den zu been­den, müs­sen wir auf­hö­ren zu arbei­ten.
Das bedeu­tet nicht, daß wir auf­hö­ren soll­ten, Din­ge zu tun. Viel­mehr soll­ten wir eine neue Lebens­wei­se schaf­fen, der das Spie­len zugrun­de­liegt; sozu­sa­gen eine spie­le­ri­sche Revo­lu­ti­on.
Spie­le­ri­sches Leben ist völ­lig inkom­pa­ti­bel zur bestehen­den Wirk­lich­keit. Das sagt alles über die „Wirk­lich­keit“, das Schwer­kraft­loch, das dem Weni­gen im Leben, das es noch vom blo­ßen Über­le­ben unter­schei­det, die Lebens­kraft absaugt. Selt­sa­mer­wei­se – oder viel­leicht auch nicht – sind alle alten Ideo­lo­gien kon­ser­va­tiv, weil sie an die Arbeit glau­ben.
Die Libe­ra­len for­dern ein Ende der Dis­kri­mi­nie­rung auf dem Arbeits­markt. Ich for­de­re ein Ende des Arbeits­mark­tes. Die Kon­ser­va­ti­ven unter­stüt­zen das Recht auf Arbeit. Mit Karl Marx‘ eigen­sin­ni­gem Schwie­ger­sohn Paul Lafar­gue unter­stüt­ze ich das „Recht auf Faul­heit“. So wie die Sur­rea­lis­ten – abge­se­hen davon, daß ich es ernst mei­ne – for­de­re ich vol­le Arbeits­lo­sig­keit. Die Trotz­kis­ten agi­tie­ren für die per­ma­nen­te Revo­lu­ti­on. Ich agi­tie­re für per­ma­nen­tes Fei­ern. Aber wenn alle Ideo­lo­gen die Arbeit ver­tei­di­gen, was sie ja tun, und das nicht nur, weil sie ande­re dazu brin­gen wol­len, ihren Teil mit­zu­ma­chen, geben sie es doch ungern zu. Sie füh­ren end­lo­se Debat­ten über Löh­ne, Arbeits­stun­den, Arbeits­be­din­gun­gen, Aus­beu­tung, Pro­duk­ti­vi­tät und Gewinn­chan­cen. Sie reden gern über alles – außer über die Arbeit selbst. Die­se Exper­ten, die sich anbie­ten, uns das Den­ken abzu­neh­men, tei­len sel­ten ihre Erkennt­nis­se über die Arbeit mit uns, trotz der Bedeu­tung für unser aller Leben. Unter­ein­an­der strei­ten sie sich ein biß­chen über die Ein­zel­hei­ten. (…) All die­se Ideo­lo­gen haben erns­te Dif­fe­ren­zen über die Ver­tei­lung der Macht. Genau­so klar ist, daß sie der Macht als sol­cher nicht wider­spre­chen und daß sie uns alle am Arbei­ten hal­ten wol­len.
Die Ent­wür­di­gung, die die meis­ten Arbei­ten­den bei ihren Jobs erle­ben, ent­springt der Sum­me der ver­schie­dens­ten Demü­ti­gun­gen, die unter dem Begriff „Dis­zi­plin“ zusam­men­ge­faßt wer­den kön­nen. Fou­cault hat die­ses Phä­no­men kom­ple­xer dar­ge­stellt, aber es ist eigent­lich ganz ein­fach. Dis­zi­plin besteht aus der Abso­lut­heit der tota­li­tä­ren Kon­trol­le am Arbeits­platz – Über­wa­chung, Fließ­band, vor­ge­ge­be­nes Arbeits­tem­po, Pro­duk­ti­ons­zif­fern, Stech­uhr usw. Dis­zi­plin ist das, was Fabrik, Büro und Geschäft mit dem Gefäng­nis, der Schu­le und dem Irren­haus gemein haben. Es ist etwas his­to­risch Ein­zig­ar­ti­ges und Furcht­ba­res. Es über­stieg die Fähig­kei­ten solch teuf­li­scher Dik­ta­to­ren wie wei­land Nero oder Dschin­gis Khan oder Iwan des Schreck­li­chen. So schlecht ihre Absich­ten auch gewe­sen sein mögen, ihnen fehl­te die Maschi­ne­rie, um ihre Unter­ta­nen so gründ­lich zu kon­trol­lie­ren, wie es moder­ne Des­po­ten ver­mö­gen. Dis­zi­plin ist die cha­rak­te­ris­tisch moder­ne Funk­ti­ons­wei­se der gesell­schaft­li­chen Kon­trol­le, es ist ein inno­va­ti­ves Ein­trich­tern, gegen das bei der ers­ten sich bie­ten­den Gele­gen­heit ein­ge­schrit­ten wer­den muß.
So steht es mit der Arbeit. Spie­len ist das gera­de Gegen­teil. Spie­len ist immer frei­wil­lig. Was ansons­ten Spiel wäre, wird zur Arbeit, sobald es erzwun­gen wird.
Wir haben jetzt die Mög­lich­keit, die Arbeit abzu­schaf­fen und den not­wen­di­gen Anteil Arbeit durch eine Viel­falt an neu­en frei­en Akti­vi­tä­ten zu erset­zen. Die Abschaf­fung der Arbeit erfor­dert eine Annä­he­rung von zwei Sei­ten, einer quan­ti­ta­ti­ven und einer qua­li­ta­ti­ven. Auf der einen, der quan­ti­ta­ti­ven Sei­te, müs­sen wir die Men­ge geleis­te­ter Arbeit mas­siv redu­zie­ren. Gegen­wär­tig ist die meis­te Arbeit ein­fach nutz­los und wir soll­ten sie los­wer­den. Auf der ande­ren Sei­te – und ich den­ke, die­se qua­li­ta­ti­ve Annä­he­rung ist der Knack­punkt und der wirk­lich revo­lu­tio­nä­re Auf­bruch – müs­sen wir die weni­ge nutz­brin­gen­de Arbeit in ver­schie­dens­te spie­le­ri­sche und hand­werk­li­che Freu­den ver­wan­deln, nicht unter­scheid­bar von ande­ren freud­vol­len Tätig­kei­ten, außer dadurch, daß sie neben­bei nütz­li­che End­pro­duk­te her­vor­brin­gen. Das soll­te sie aber kei­nes­falls weni­ger ver­lo­ckend machen. In der Fol­ge könn­ten alle künst­li­chen Schran­ken von Macht und Besitz fal­len. Schöp­fung wäre nicht mehr Erschöp­fung. Und wir könn­ten alle auf­hö­ren, vor­ein­an­der Angst zu haben.
Ich unter­stel­le nicht, daß die­se Ver­wand­lung bei jeder Art von Arbeit mög­lich ist. Aber dann ist die meis­te Arbeit auch nicht wert, erhal­ten zu wer­den. Nur ein klei­ner und sich noch ver­klei­nern­der Aus­schnitt der Arbeits­welt dient letzt­lich einem Zweck, den nicht erst die Ver­tei­di­gung und Repro­duk­ti­on des Arbeits­sys­tems und sei­ner poli­ti­schen und recht­li­chen Anhäng­sel nötig machen (…): die meis­te Arbeit dient direkt oder indi­rekt der wirt­schaft­li­chen oder sozia­len Kon­trol­le. Es wäre also ein­fach so mög­lich, Mil­lio­nen von Ver­käu­fern, Sol­da­ten, Mana­gern, Poli­zis­ten, Bör­sia­nern, Pries­tern, Ban­kiers, Anwäl­ten, Leh­rern, Ver­mie­tern, Wachen und Wer­be­leu­ten von der Arbeit zu befrei­en, nebst allen, die für sie arbeiten.
(Bob Black – Die Abschaf­fung der Arbeit; im Ori­gi­nal: The Aboli­ti­on of Work)

In einem sei­ner Fil­me, The Fatal Glass of Beer, zeigt ein Alt­meis­ter der ame­ri­ka­ni­schen Film­ko­mik, W. C. Fields, den erschröck­li­chen, unauf­halt­sa­men Nie­der­gang eines jun­gen Man­nes, der der Ver­su­chung nicht wider­ste­hen kann, sein ers­tes Glas Bier zu trin­ken. Der war­nend erho­be­ne (wenn auch vor unter­drück­tem Lachen leicht zit­tern­de) Zei­ge­fin­ger ist nicht zu über­se­hen: Die Tat ist kurz, die Reue lang. Und wie lang! (Man den­ke nur an eine ande­re bibli­sche Urmut­ter: Eva, und das biß­chen Apfel…)
Die­se Fata­li­tät hat ihre unleug­ba­ren Vor­tei­le, die bis­her scham­haft ver­schwie­gen wur­den, in unse­rem auf­ge­klär­ten Zeit­al­ter aber nicht län­ger ver­heim­licht wer­den dür­fen: Reue hin, Reue her – für unser The­ma ist es viel wich­ti­ger, daß die nie wie­der gut­zu­ma­chen­den Fol­gen des ers­ten Gla­ses Bier alle wei­te­ren Glä­ser wenn schon nicht ent­schul­di­gen, so doch zwin­gend begrün­den. Anders aus­ge­drückt: schön – man steht schuld­be­la­den da, man hät­te es damals bes­ser wis­sen sol­len, aber jetzt ist es zu spät. Damals sün­dig­te man, jetzt ist man das Opfer des eige­nen Fehl­tritts. Ide­al ist die­se Form der Unglück­lich­keits­kon­struk­ti­on frei­lich nicht, nur pas­sa­bel.
Suchen wir daher nach Ver­fei­ne­run­gen. Was, wenn wir am ursprüng­li­chen Ereig­nis unbe­tei­ligt sind? Wenn uns nie­mand der Mit­hil­fe beschul­di­gen kann? Kein Zwei­fel, dann sind wir rei­ne Opfer, und es soll nur jemand ver­su­chen, an unse­rem Opfer-Sta­­tus zu rüt­teln oder gar zu erwar­ten, daß wir etwas dage­gen unter­neh­men. Was uns Gott, Welt, Schick­sal, Natur, Chro­mo­so­me und Hor­mo­ne, Gesell­schaft, Eltern, Ver­wand­te, Poli­zei, Leh­rer, Ärz­te, Chefs oder beson­ders Freun­de anta­ten, wiegt so schwer, daß die blo­ße Insi­nua­ti­on, viel­leicht etwas dage­gen tun zu kön­nen, schon eine Belei­di­gung ist. Außer­dem ist sie unwissenschaftlich.
(Paul Watz­la­wick – Anlei­tung zum Unglücklichsein)