In a vacu­um all pho­tons tra­vel at the same speed. They slow down when tra­vel­ling through air or water or glass. Pho­tons of dif­fe­rent ener­gies are slo­wed down at dif­fe­rent rates. If Tol­s­toy had known this, would he have reco­g­nis­ed the ter­ri­ble untruth at the begin­ning of Anna Kare­ni­na? ‚All hap­py fami­lies are ali­ke; every unhap­py fami­ly is unhap­py in its own par­ti­cu­lar way.‘ In fact it’s the other way around. Hap­pi­ness is a spe­ci­fic. Mise­ry is a gene­ra­li­sa­ti­on. Peo­p­le usual­ly know exact­ly why they are hap­py. They very rare­ly know why they are mise­ra­ble. (…) Mise­ry is a vacu­um. A space wit­hout air, a suf­fo­ca­ted dead place, the abo­de of the mise­ra­ble. Mise­ry is a tene­ment block, rooms like bat­tery cages, sit over your own drop­pings, lie on your own filth. Mise­ry is a no U‑turns, no stop­ping road. Tra­vel down it pushed by tho­se behind, trip­ped by tho­se in front. Tra­vel down it at furious speed though the days are mum­mi­fied in lead. It hap­pens so fast once you get star­ted, there’s no anchor from the real world to slow you down, not­hing to hold on to. Mise­ry pulls away the bra­ckets of life lea­ving you to free fall. Wha­te­ver your pri­va­te hell, you’ll find mil­li­ons like it in Mise­ry. This is the town whe­re everyone’s night­ma­res come true.
(Jea­nette Win­ter­son – Writ­ten on the Body)

Es ist eine eben­so über­ra­schen­de und merk­wür­di­ge wie wert­vol­le Erfah­rung, sich im Wal­de zu irgend­ei­ner Zeit zu ver­ir­ren. Oft kommt man in einem Schnee­sturm selbst bei Tage auf eine wohl­be­kann­te Stra­ße und ist nicht imstan­de zu sagen, in wel­cher Rich­tung das Dorf liegt. Obgleich man tau­send­mal hier gegan­gen ist, kann man nichts Bekann­tes dar­an erken­nen, und die Stra­ße ist einem so fremd, als ob sie in Sibi­ri­en wäre. Bei Nacht ist die Ver­wir­rung natür­lich unend­lich grö­ßer. Auf unsern all­täg­li­chen Gän­gen steu­ern wir bestän­dig, wenn auch unbe­wußt, gleich Lot­sen mit Hil­fe von wohl­be­kann­ten Leucht­feu­ern und Vor­ge­bir­gen. Gehen wir über unsern gewöhn­li­chen Kurs hin­aus, so haben wir immer noch die Lage irgend­ei­nes benach­bar­ten Kaps im Sinn. Erst bis wir uns ganz ver­irrt oder umge­dreht haben – denn der Mensch braucht nur ein­mal in die­ser Welt mit geschlos­se­nen Augen her­um­ge­dreht zu wer­den, um ver­irrt zu sein -, ler­nen wir die Wei­te und Fremd­ar­tig­keit der Natur schät­zen. Jedes­mal wenn der Mensch aus dem Schlaf oder aus der Ver­sun­ken­heit erwacht, muß er die Him­mels­rich­tun­gen von neu­em ken­nen­ler­nen. Nicht eher, als bis wir ver­lo­ren sind – mit andern Wor­ten: bis wir die Welt ver­lo­ren haben -, fan­gen wir an, uns selbst zu fin­den und gewahr zu wer­den, wo wir sind und wie end­los aus­ge­dehnt unse­re Ver­bin­dun­gen sind.
(Hen­ry David Tho­reau – Walden)

Der ande­re Trick besteht dar­in, dem Part­ner eben­so hef­ti­ge wie nebel­haf­te Vor­wür­fe zu machen. Wenn er dann wis­sen will, was Sie eigent­lich mei­nen, kön­nen Sie die Fal­le mit dem zusätz­li­chen Hin­weis her­me­tisch schlie­ßen: »Wenn du nicht der Mensch wärest, der du bist, müß­test du mich nicht erst noch fra­gen. Der Umstand, daß du nicht ein­mal weißt, wovon ich spre­che, zeigt klar, welch‘ Geis­tes Kind du bist.« Und a pro­pos Geist: Im Umgang mit soge­nann­ten Geis­tes­kran­ken wird die­se Metho­de seit längs­ter Zeit mit gro­ßem Erfolg ange­wen­det. In den sel­te­nen Fäl­len näm­lich, in denen der Betref­fen­de es wagt, klipp und klar dar­über Aus­kunft zu ver­lan­gen, wor­in in der Sicht der ande­ren sei­ne Ver­rückt­heit denn bestehe, läßt sich die­se Fra­ge als wei­te­rer Beweis für sei­ne Geis­tes­ge­stört­heit hin­stel­len: »Wenn du nicht ver­rückt wärest, wüß­test du, was wir mei­nen.« Da staunt der Laie und der Fach­mann wun­dert sich – denn hin­ter einer Ant­wort die­ser Art steht Genia­li­tät: Der Ver­such, Klar­heit zu schaf­fen, wird flugs ins Gegen­teil umge­deu­tet. Der ande­re gilt also für ver­rückt, solan­ge er die Bezie­hungs­de­fi­ni­ti­on »Wir sind nor­mal, du bist ver­rückt« still­schwei­gend hin­nimmt, und für ver­rückt, wenn er sie in Fra­ge stellt. Nach die­sem erfolg­lo­sen Exkurs in die mensch­li­che Umwelt kann er ent­we­der sich in hilf­lo­ser Wut die Haa­re aus­rau­fen, oder in Schwei­gen zurück­fal­len. Aber auch damit beweist er nur zusätz­lich, wie ver­rückt er ist, und wie recht die ande­ren schon immer hat­ten. (…) In den Eta­blis­se­ments, die sich für die Behand­lung sol­cher Zustän­de für kom­pe­tent hal­ten, läßt sich die­se Tak­tik mit Erfolg anwen­den. Man stellt es dem soge­nann­ten Pati­en­ten zum Bei­spiel frei, nach eige­nem Ermes­sen zu ent­schei­den, ob er an den Grup­pen­sit­zun­gen teil­neh­men will oder nicht. Lehnt er dan­kend ab, so wird er hilf­reich-ernst­haft auf­ge­for­dert, sei­ne Grün­de anzu­ge­ben. Was er dann sagt, ist ziem­lich gleich­gül­tig, denn es ist auf jeden Fall eine Mani­fes­ta­ti­on sei­nes Wider­stan­des und daher krank­haft. Die ein­zi­ge ihm offen­ste­hen­de Alter­na­ti­ve ist also die Teil­nah­me an der Grup­pen­the­ra­pie, doch darf er nicht anmer­ken las­sen, daß ihm ja nichts ande­res übrig­bleibt, denn sei­ne eige­ne Lage so zu sehen, bedeu­te­te immer noch Wider­stand und Ein­sichts­lo­sig­keit. Er muß also »spon­tan« teil­neh­men wol­len, gibt aber gleich­zei­tig mit sei­ner Teil­nah­me zu, daß er krank ist und The­ra­pie braucht. In gro­ßen Gesell­schafts­sys­te­men mit Irren­haus­cha­rak­ter ist die­se Metho­de unter dem respekt­los-reak­tio­nä­ren Namen Gehirn­wä­sche bekannt.
(Paul Watz­la­wick – Anlei­tung zum Unglücklichsein)

I think that if I ever have kids, and they are upset, I won’t tell them that peo­p­le are star­ving in Chi­na or any­thing like that becau­se it would­n’t chan­ge the fact that they were upset. And even if some­bo­dy else has it much worse, that does­n’t real­ly chan­ge the fact that you have what you have. Good and bad. Just like what my sis­ter said when I had been in the hos­pi­tal for a while. She said that she was real­ly worried about going to col­lege, and con­side­ring what I was going through, she felt real­ly dumb about it. But I don’t know why she would feel dumb. I’d be worried, too. And real­ly, I don’t think I have it any bet­ter or worse than she does. I don’t know. It’s just dif­fe­rent. May­be it’s good to put things in per­spec­ti­ve, but some­ti­mes, I think that the only per­spec­ti­ve is to real­ly be the­re. Becau­se it’s okay to feel things. And be who you are about them.
(Ste­phen Chbos­ky – The Perks of Being a Wall­flower / Viel­leicht lie­ber morgen)

Sag ja zum Leben, sag ja zum Job, sag ja zur Kar­rie­re, sag ja zur Fami­lie. Sag ja zu einem per­vers gro­ßen Fern­se­her. Sag ja zu Wasch­ma­schi­nen, Autos, CD-Play­ern und elek­tri­schen Dosen­öff­nern. Sag ja zur Gesund­heit, nied­ri­gem Cho­le­ste­rin­spie­gel und Zahn­zu­satz­ver­si­che­rung. Sag ja zur Bau­spar­kas­se, sag ja zur ers­ten Eigen­tums­woh­nung, sag ja zu den rich­ti­gen Freun­den. Sag ja zur Frei­zeit­klei­dung mit pas­sen­den Kof­fern, sag ja zum drei­tei­li­gen Anzug auf Raten­zah­lung in hun­der­ten von Scheiß-Stof­fen. Sag ja zu Do-It-Yours­elf und dazu, auf dei­ner Couch zu hocken und dir hirn­läh­men­de Game­shows rein­zu­zie­hen und dich dabei mit scheiß Junk­fraß voll­zu­stop­fen. Sag ja dazu, am Schluss vor dich hin­zu­ver­we­sen, dich in einer elen­den Bruch­bu­de voll­zu­pis­sen und den miss­ra­te­nen Ego-Rat­ten von Kin­dern, die du gezeugt hast, damit sie dich erset­zen, nur noch pein­lich zu sein. Sag ja zur Zukunft, sag ja zum Leben. (…) Bald bin ich genau wie ihr: Job, Fami­lie, per­vers gro­ßer Fern­se­her, Wasch­ma­schi­ne, Auto, CD und elek­tri­scher Dosen­öff­ner, Gesund­heit, nied­ri­ger Cho­le­ste­rin­spie­gel, Kran­ken­ver­si­che­rung, Eigen­heim-Finan­zie­rung, Frei­zeit­klei­dung, drei­tei­li­ger Anzug, Heim­wer­ker­tum, Game­show, Junk­fraß, Kin­der, Spa­zie­ren­ge­hen im Park, gere­gel­te Arbeits­zeit, Fit­ness­cen­ter, Auto­wa­schen, ’ne Men­ge Pull­over, trau­te Weih­nacht mit der Fami­lie, infla­ti­ons­si­che­re Ren­te, Steu­er­frei­be­trä­ge, Abfluss sau­ber machen, über die Run­de kom­men, mich auf den Tag freu­en, an dem ich sterbe.
(Train­spot­ting)

Der Jour­na­lis­mus ist tat­säch­lich einer der Orte, an dem die poli­ti­sche Magie ent­steht und bestä­tigt wird. Damit Magie ent­steht (…), braucht es eine Men­ge sozia­ler Vor­aus­set­zun­gen: Zau­be­rer, Assis­ten­ten, Publi­kum usf. Und auch die Welt der poli­ti­schen Magie macht eine Rei­he von Teil­neh­mern erfor­der­lich, nicht nur Par­la­men­te und Abge­ord­ne­te: Jour­na­lis­ten, Umfra­ge­insti­tu­te, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­ra­ter – auch Intel­lek­tu­el­le, oder genau­er: Jour­na­lis­ten, die sich als Intel­lek­tu­el­le aufspielen.
Man spricht (…) über die Rol­le der Jour­na­lis­ten im Golf­krieg. Man spricht aber nicht – oder zuwe­nig – über den All­tag, über das, was der Jour­na­lis­mus all­täg­lich macht, wenn er eigent­lich nur funk­tio­niert, um die Reden, die die Poli­ti­ker für­ein­an­der hal­ten, zu ver­stär­ken und ihnen einen Reso­nanz­bo­den zu geben. Heu­te reden die Poli­ti­ker näm­lich eigent­lich zu nie­mand ande­rem mehr als zu sich selbst. Sie reden, um nichts zu sagen, und inner­halb stun­den­lan­ger, nichts­sa­gen­der Aus­füh­run­gen fällt dann ein Halb­satz, der gezielt ein­ge­setzt wird, damit er von den Jour­na­lis­ten ver­stan­den, auf­ge­nom­men und als Spiel­ball in das poli­ti­sche Spiel ein­ge­bracht wird. Das Gan­ze hat Ähn­lich­keit mit einem Schach­spiel, bei dem gewief­te Spie­ler ihre Stra­te­gien erpro­ben. Und wie ein Schach­spiel schot­tet sich das Macht­spiel nach außen ab, wird her­me­tisch, Objekt »ken­ne­ri­scher« Kom­men­ta­re von Insi­dern, gesell­schaft­lich belang­los. Die Poli­ti­ker spre­chen zuein­an­der, sie spre­chen nicht zur Gesell­schaft. Sie geben sich den Anschein, zur Gesell­schaft zu sprechen.
(Pierre Bour­dieu – Poli­tik und Medi­en­macht, in: Der Tote packt den Lebenden)

Ever­y­thing a lie. Ever­y­thing you hear, ever­y­thing you see. So much to spew out. They just keep coming, one after ano­ther. You’­re in a box. A moving box. They want you dead, or in their lie… Only one thing a man can do – find some­thing that’s his, make an island for himself.
(The Thin Red Line)

»Aoki war ein sehr guter Schü­ler, er hat­te fast immer die bes­te Note. Ich ging auf eine pri­va­te Jun­gen­schu­le, und Aoki war ziem­lich beliebt. Die Klas­se schätz­te ihn, und er war der Lieb­ling der Leh­rer. Aber ich konn­te sei­ne prag­ma­ti­sche Ein­stel­lung und sei­ne intui­tiv berech­nen­de Art von Anfang an nicht aus­ste­hen. Wenn man mich frag­te, was mich genau an ihm stör­te, müß­te ich pas­sen. Ich wüß­te kein Bei­spiel. Ich weiß nur, daß ich ihn durch­schau­te. Ich konn­te die­se Ego­zen­trik und Über­heb­lich­keit, die er aus­strahl­te, instink­tiv nicht ertra­gen. Wie bei jeman­dem, des­sen Kör­per­ge­ruch man phy­sisch nicht erträgt. Aber Aoki war klug und ver­stand es, die­sen Geruch geschickt zu ver­ber­gen. Die meis­ten mei­ner Klas­se hiel­ten ihn für gerecht, beschei­den und freund­lich. Das zu hören empör­te mich – doch ich sag­te natür­lich nichts.«
(…)
Im Gegen­satz [zu mir] stand Aoki mit allem, was er tat, im Mit­tel­punkt – wie ein wei­ßer Schwan auf einem dunk­len See. Er war der Star der Klas­se, der, auf den alle hör­ten. Er war klug, das muß­te auch ich zuge­ben. Er war schnell. Er wuß­te im vor­aus, was der ande­re woll­te oder dach­te, und ver­stand es, dem­entspre­chend zu reagie­ren. Alle bewun­der­ten ihn. Aber ich war nicht beein­druckt. Mir war Aoki zu ober­fläch­lich. Wenn er ein klu­ger Kopf war, mach­te es mir nichts, kein klu­ger Kopf zu sein. Er war scharf­sin­nig, aber er besaß kei­ne Per­sön­lich­keit. Er hat­te nichts mit­zu­tei­len. Wenn alle ihn bestä­tig­ten, war Aoki glück­lich. Er war hin­ge­ris­sen von sei­nen eige­nen Fähig­kei­ten. Er dreh­te sich immer nach dem Wind. Er hat­te kei­ne Sub­stanz. Aber nie­mand erkann­te das.
(…)
»Es sind nicht Men­schen wie Aoki, vor denen ich Angst habe. Sol­che Men­schen gibt es über­all. Was das angeht, habe ich resi­gniert. Wenn ich ihnen begeg­ne, ver­su­che ich mög­lichst nichts mit ihnen zu tun zu haben. Ich gehe ihnen aus dem Weg. Das ist nicht beson­ders schwer. Ich erken­ne sie sofort. Zugleich bewun­de­re ich Leu­te wie Aoki aber auch. Nicht jeder besitzt die Fähig­keit, so lan­ge still­zu­hal­ten, bis die Gele­gen­heit sich ergibt, und sie dann sicher zu ergrei­fen; die Fähig­keit, sich geschickt der Gefüh­le ande­rer zu bemäch­ti­gen und sie gegen jeman­den auf­zu­het­zen. Ich has­se die­se Cha­rak­ter­zü­ge zwar so sehr, daß ich kot­zen könn­te, den­noch sind es Fähig­kei­ten. Das muß ich anerkennen.
Wovor ich aber wirk­lich Angst habe, sind Leu­te, die Typen wie Aoki alles blind glau­ben. Die­se Leu­te, die selbst nichts zuwe­ge brin­gen, nichts ver­ste­hen, die sich von den beque­men und leicht über­nehm­ba­ren Mei­nun­gen ande­rer lei­ten las­sen und nur in Grup­pen auf­tre­ten. Die­se Leu­te, die nie auf die Idee kämen, daß sie viel­leicht irgend etwas falsch machen könn­ten. Denen nie­mals auf­fällt, daß sie einen ande­ren sinn­los und bru­tal ver­let­zen könn­ten. Sie über­neh­men kei­ne Ver­ant­wor­tung für das, was sie tun. Vor sol­chen Leu­ten habe ich wirk­lich Angst. Und wenn ich nachts träu­me, dann von ihnen. In Träu­men ist nur das Schwei­gen. Die Leu­te in mei­nen Träu­men haben kei­ne Gesich­ter. Wie eisi­ges Was­ser dringt das Schwei­gen über­all ein.«
(Haru­ki Mura­ka­mi – Das Schweigen)

Haru­ki Mura­ka­mis „Das Schwei­gen“ hat mich fas­zi­niert. Aus ver­letz­tem Stolz macht dar­in Aoki, ein schein­bar umgäng­li­cher, freund­li­cher, cle­ve­rer Schü­ler, mit­hil­fe sei­ner Mit­schü­ler, die der char­man­te Aoki um den Fin­ger gewi­ckelt hat, das Leben des Erzäh­lers zur Höl­le. Die Geschich­te hat mich fas­zi­niert, weil ich Men­schen wie Aoki ken­ne, immer wie­der tref­fe, im Off­line-Leben wie auch im Inter­net, wo es teil­wei­se noch viel ein­fa­cher ist, die­se Fähig­kei­ten erfolg­reich zum Ein­satz zu brin­gen und sich dar­zu­stel­len. Es hat mich gefes­selt, weil es mir manch­mal nicht viel anders geht als dem Erzäh­ler, wenn ich Men­schen tref­fe, bei denen ich recht schnell durch­schaue, dass all ihre Beschei­den­heit, Gerech­tig­keit und Freund­lich­keit bloß auf­ge­setzt sind, dass sich dahin­ter berech­nen­de Ego­zen­tri­ker ver­ste­cken, Bestä­ti­gungs­süch­ti­ge, die zur Stil­lung ihrer Sucht auch Scha­den ande­rer Men­schen in Kauf neh­men, manch­mal sogar gezielt her­bei­füh­ren. Die es schaf­fen, so gut den net­ten, freund­li­chen, gerech­ten, herz­li­chen Men­schen zu spie­len, dass ihre Umwelt ihnen die­se Mas­ke größ­ten­teils unhin­ter­fragt abkauft und die­sen Men­schen bereit­wil­lig alles glaubt, von der trü­ge­ri­schen Selbst­in­sze­nie­rung bis hin zu geziel­ten Lügen, um ande­re zu diskreditieren.

Auch ich muss zuge­ben, von die­ser Fähig­keit auf eine sehr absto­ßen­de Art beein­druckt zu sein. Men­schen, die für ihren Lebens­un­ter­halt lügen und betrü­gen, stüt­zen sich auf die­se Fähig­keit. Wer­bung und Mar­ke­ting nut­zen sie eben­falls, genau wie Dem­ago­gen und Hei­rats­schwind­ler. Eine Fähig­keit, die ich in Anleh­nung an die Vor­stel­lung von „dunk­ler Magie“ als „dunk­le Empa­thie“ bezeich­nen möch­te. Über Empa­thie als sol­che ver­fü­gen die­se Men­schen ohne Zwei­fel, denn sonst wären sie nicht so gut in dem, was sie tun, in ihrer täu­schen­den Selbst­dar­stel­lung und dem Knüp­fen emo­tio­na­ler Bin­dun­gen mit ande­ren Men­schen. Aber es ist Empa­thie, die ein­zig dazu dient, die Gefüh­le ande­rer zum eige­nen Nut­zen zu manipulieren.

Genau wie dem Erzäh­ler machen mir die­se Men­schen selbst kei­ne Angst. Ich kann ihnen aus dem Weg gehen oder kann ver­su­chen, ihre Mas­kie­rung in Fra­ge zu stel­len und ihr Büh­nen­bild zum Wackeln zu brin­gen. Aber auch ich habe Angst vor denen, die dar­auf her­ein­fal­len, die sich emo­tio­nal ver­zau­bern und (ver)führen las­sen, die sol­chen Men­schen bereit­wil­lig alles glau­ben, ihre Mei­nun­gen über­neh­men und sich mit­un­ter sogar instru­men­ta­li­sie­ren las­sen, ohne irgend­et­was zu hin­ter­fra­gen, womit sie gro­ßen Scha­den anrich­ten können.

I want someone who is fier­ce and will love me until death and know that love is as strong as death, and be on my side for ever and ever. I want someone who will des­troy and be des­troy­ed by me. The­re are many forms of love and affec­tion, some peo­p­le can spend their who­le lives tog­e­ther wit­hout kno­wing each other’s names. Naming is a dif­fi­cult and time-con­sum­ing pro­cess; it con­cerns essen­ces, and it means power. But on wild nights who can call you home? Only the one who knows your name. Roman­tic love has been diluted into paper­back form and has sold thou­sands and mil­li­ons of copies. Some­whe­re it is still in the ori­gi­nal, writ­ten on tablets of stone. I would cross seas and suf­fer sun­stro­ke and give away all I have, but not for a man, becau­se they want to be the des­troy­er and never be des­troy­ed. That is why they are unfit for roman­tic love. The­re are excep­ti­ons and I hope they are happy.
(Jea­nette Win­ter­son – Oran­ges Are Not The Only Fruit)

Es war ein­mal ein Jun­ge, der bekam zu sei­nem vier­zehn­ten Geburts­tag ein Pferd, und alle im Dorf sagen: „Oh, wie wun­der­bar! Der Jun­ge hat ein Pferd!“, und der Zen-Meis­ter sagt: „Man wird sehen.“

Zwei Jah­re spä­ter fällt der Jun­ge vom Pferd, bricht sich das Bein, und alle im Dorf schrei­en: „Wie grau­en­voll!“ Der Zen-Meis­ter sagt: „Man wird sehen.“

Dann bricht Krieg aus und alle jun­gen Män­ner müs­sen in den Kampf, bis auf ihn, wegen sei­nes kaput­ten Beins, und alle im Dorf sagen: „Wie wun­der­bar!“, und der Zen-Meis­ter sagt: „Man wird sehen.“
(Der Krieg des Char­lie Wilson)