What if you had one day per­fect­ly healt­hy, I asked? What would you do?
„Twen­ty-four hours?“
Twen­ty-four hours.
„Let’s see… I’d get up in the mor­ning, do my exer­ci­s­es, have a love­ly break­fast of sweet rolls and tea, go for a swim, then have my fri­ends come over for a nice lunch. I’d have them come one or two at a time so we could talk about their fami­lies, their issues, talk about how much we mean to each other.
„Then I’d like to go for a walk, in a gar­den with some trees, watch their colors, watch the birds, take in the natu­re that I haven’t seen in so long now.
„In the evening, we’d all go tog­e­ther to a restau­rant with some gre­at pas­ta, may­be some duck – I love duck – and then we’d dance the rest of the night. I’d dance with all the won­derful dance part­ners out the­re, until I was exhaus­ted. And then I’d go home and have a deep, won­derful sleep.“
That’s it?
„That’s it.“
It was so simp­le. So avera­ge. I was actual­ly a litt­le dis­ap­poin­ted. I figu­red he’d fly to Ita­ly or have lunch with the Pre­si­dent or romp on the seashore or try every exo­tic thing he could think of. After all the­se months, lying the­re, unable to move a leg or a foot – how could he find per­fec­tion in such an avera­ge day?
Then I rea­li­zed this was the who­le point.
(Mitch Albom – Tues­days with Morrie)

Here was a man who, if he wan­ted, could spend every waking moment in self-pity, fee­ling his body for decay, coun­ting his breaths. So many peo­p­le with far smal­ler pro­blems are so self-absor­bed, their eyes gla­ze over if you speak for more than thir­ty seconds. They alre­a­dy have some­thing else in mind – a fri­end to call, a fax to send, a lover they’­re day­d­re­a­ming about. They only snap back to full atten­ti­on when you finish tal­king, at which point they say „Uh-huh“ or „Yeah, real­ly“ and fake their way back to the moment. (…) We are gre­at at small talk: „What do you do?“ „Whe­re do you live?“ But real­ly lis­tening to someone – wit­hout try­ing to sell them some­thing, pick them up, recruit them, or get some kind of sta­tus in return – how often do we get this any­mo­re? I belie­ve many visi­tors in the last few months of Morrie’s life were drawn not becau­se of the atten­ti­on they wan­ted to pay to him but becau­se of the atten­ti­on he paid to them. Despi­te his per­so­nal pain and decay, this litt­le old man lis­ten­ed the way they always wan­ted someone to listen.
(Mitch Albom – Tues­days with Morrie)

Als ich klein war und mir das für Kin­der nach­er­zähl­te Alte Tes­ta­ment anschau­te, das mit Radie­run­gen von Gust­ave Doré illus­triert war, sah ich den lie­ben Gott auf einer Wol­ke sit­zen. Er war ein alter Mann, hat­te Augen, eine Nase und einen lan­gen Bart, und ich sag­te mir, wenn er einen Mund hat, muß er auch essen. Und wenn er ißt, muß er auch Där­me haben. Die­ser Gedan­ke jedoch hat mich erschreckt, denn ich fühl­te, obwohl ich aus einer eher ungläu­bi­gen Fami­lie stamm­te, daß die Vor­stel­lung von gött­li­chen Där­men Blas­phe­mie ist.
Ohne jeg­li­che theo­lo­gi­sche Vor­bil­dung habe ich schon als Kind ganz spon­tan die Unver­ein­bar­keit von Schei­ße und Gott begrif­fen und folg­lich auch die Frag­wür­dig­keit der Grund­the­se christ­li­cher Anthro­po­lo­gie, nach der der Mensch als Eben­bild Got­tes geschaf­fen wur­de. Ent­we­der oder: ent­we­der wur­de der Mensch als Eben­bild Got­tes geschaf­fen und dann hat Gott Där­me, oder aber Gott hat kei­ne Där­me und der Mensch gleicht ihm nicht.
Die alten Gnos­ti­ker haben das genau­so klar gese­hen wie ich mit mei­nen fünf Jah­ren: um die­ses ver­zwick­te Pro­blem end­gül­tig zu lösen, hat Valen­tin, ein gro­ßer Meis­ter der Gno­sis im zwei­ten Jahr­hun­dert, behaup­tet: »Jesus hat geges­sen und getrun­ken, nicht aber defäkiert.«
Die Schei­ße ist ein schwie­ri­ge­res theo­lo­gi­sches Pro­blem als das Böse. Gott hat dem Men­schen die Frei­heit gege­ben, und so kann man anneh­men, daß er nicht für die Ver­bre­chen der Mensch­heit ver­ant­wort­lich ist. Doch die Ver­ant­wor­tung für die Schei­ße trägt ein­zig und allein der­je­ni­ge, der den Men­schen geschaf­fen hat.
(Milan Kun­de­ra – Die uner­träg­li­che Leich­tig­keit des Seins)

Im Bewusst­sein der Zeit­lich­keit setzt sich der Knacks durch. Auch wo er nicht iden­ti­fi­ziert wird, bricht er sich Bahn in den zuwi­der­lau­fen­den Kräf­ten, etwa im Ver­such, sei­ner Arbeit mit einer Beschleu­ni­gung des Lebens­ge­fühls zu begeg­nen. Mach schnell, und du wirst ihn mit blo­ßem Auge, mit blo­ßem inne­ren Auge, nicht mehr wahr­neh­men. Die Geschwin­dig­keit wird den Knacks dahinraffen.
Hat die Spra­che die­se Beschleu­ni­gung mit voll­zo­gen? Und ob: In den Sieb­zi­gern beant­wor­te­te man die Fra­ge »How are you« mit »good«, in den Acht­zi­gern ant­wor­te­te man auf die glei­che Fra­ge mit »busy«.
Was war gesche­hen? Die Beschleu­ni­gung ver­riet sich in Kom­pa­ra­ti­ven. Der Schnell­zug ver­schwand, er war nicht schnell genug; der Eil­brief ver­schwand, denn schon das Eilen selbst klingt gemäch­lich: Alt­mo­di­sche Voka­beln, sie erin­nern an die lang­sa­me Art, schnell zu sein.
Statt­des­sen wur­den die Indi­zi­en der Beschleu­ni­gung mora­lisch: was schnell war, war gut. Es war gut, »auf der Über­hol­spur« zu leben, es war »in«, Fast Food zu mögen, aber Fast Food ist eigent­lich Fast Eat, und es erreich­te rasch das eige­ne Heim. Mit der 5‑Mi­nu­ten-Ter­ri­ne erreicht die Küche ohne Koch und ohne Ritu­al die Haus­hal­te. Alles beschleu­nigt: Schnell­ra­sur, Schnell­im­biss, Schnell­lif­ting, Schnell­tank­stel­le, Schnell­re­stau­rant, Schnell­rei­ni­gung wie juris­ti­sche Schnell­ver­fah­ren. Es geht schnel­ler: Die ein­zi­ge Musik­sen­dung auf der Höhe der Zeit hieß »Fast For­ward«, die Dro­ge der urba­nen Jugend »Speed«. Dies alles arbei­tet an der Fik­ti­on des gewon­ne­nen Lebens, es sagt, wenn du schnel­ler bist, schnel­ler reist, Zeit sparst, wirst du am Ende mehr davon haben.
(…)
Wir haben kei­ne Zeit. Wir haben alle kei­ne Zeit. Wir haben sie schon des­halb nicht, damit wir uns nicht zu gut füh­len. Bruch, Knacks, Ermü­dung, Schei­tern, Kol­laps: Unse­re rui­nö­sen Ich-Res­te sol­len nicht erschei­nen, nicht auf­bre­chen, nicht mitsprechen.
(Roger Wil­lem­sen – Der Knacks)

He awo­ke each mor­ning with the desi­re to do right, to be a good and meaningful per­son, to be, as simp­le as it sound­ed and as impos­si­ble as it actual­ly was, hap­py. And during the cour­se of each day his heart would des­cend from his chest into his sto­mach. By ear­ly after­noon he was over­co­me by the fee­ling that not­hing was right, or not­hing was right for him, and by the desi­re to be alo­ne. By evening he was ful­fil­led: alo­ne in the magni­tu­de of his grief, alo­ne in his aim­less guilt, alo­ne even in his loneli­ne­ss. ›I am not sad‹, he would repeat to hims­elf over and over, ›I am not sad‹. As if he might one day con­vin­ce hims­elf. Or fool hims­elf. Or con­vin­ce others – the only thing worse than being sad is for others to know that you are sad. ›I am not sad‹. ›I am not sad‹. Becau­se his life had unli­mi­t­ed poten­ti­al for hap­pi­ness, inso­far as it was an emp­ty white room. He would fall asleep with his heart at the foot of his bed, like some dome­sti­ca­ted ani­mal that was no part of him at all. And each mor­ning he would wake with it again in the cup­board of his rib cage, having beco­me a litt­le hea­vier, a litt­le wea­k­er, but still pum­ping. And by mid­af­ter­noon he was again over­co­me with the desi­re to be some­whe­re else, someone else, someone else some­whe­re else. ›I am not sad‹.
(Jona­than Safran Foer – Ever­y­thing is Illuminated)

Ich glau­be dar­an, dass das größ­te Geschenk, das ich von jeman­dem emp­fan­gen kann, ist, gese­hen, gehört, ver­stan­den und berührt zu wer­den. Das größ­te Geschenk, das ich geben kann, ist, den ande­ren zu sehen, zu hören, zu ver­ste­hen und zu berüh­ren. Wenn dies geschieht, ent­steht Beziehung.
(Vir­gi­nia Satir)

Musik. Für Franz ist sie die Kunst, die der dio­ny­si­schen Schön­heit, die als Rausch ver­stan­den wird, am nächs­ten kommt. Man kann sich schlecht von einem Roman oder einem Bild berau­schen las­sen, wohl aber von Beet­ho­vens Neun­ter, Bar­tóks Sona­te für zwei Kla­vie­re und Schlag­in­stru­men­te oder den Songs der Beat­les. Franz unter­schei­det nicht zwi­schen erns­ter Musik und Unter­hal­tungs­mu­sik. Die­se Unter­schei­dung kommt ihm alt­mo­disch und ver­lo­gen vor. Er mag Rock­mu­sik genau­so wie Mozart.
Für ihn ist Musik Befrei­ung, sie befreit ihn von der Ein­sam­keit, der Abge­schie­den­heit und dem Bücher­staub, sie öff­net in sei­nem Kör­per Türen, durch die sei­ne See­le in die Welt hin­aus­ge­hen kann, um sich zu ver­brü­dern. Er tanzt gern und bedau­ert, daß Sabi­na die­se Lei­den­schaft nicht mit ihm teilt.
Sie sit­zen in einem Restau­rant, und zum Essen ertönt aus dem Laut­spre­cher lau­te, rhyth­mi­sche Musik.
Sabi­na sagt: »Das ist ein Teu­fels­kreis. Die Leu­te wer­den schwer­hö­rig, weil sie immer lau­te­re Musik hören. Und weil sie schwer­hö­rig sind, bleibt ihnen nichts ande­res übrig als noch lau­ter aufzudrehen.«
»Du magst kei­ne Musik?« fragt Franz.
»Nein«, sagt Sabi­na. Und dann fügt sie hin­zu: »Viel­leicht, wenn ich in einer ande­ren Zeit gelebt hät­te…«, und sie denkt an die Epo­che von Johann Sebas­ti­an Bach, als die Musik einer Rose glich, die blüh­te im unend­li­chen Schnee­feld der Stille.
Der als Musik getarn­te Lärm ver­folgt sie seit frü­hes­ter Jugend. Wie alle Stu­den­ten muß­te sie die Feri­en in einer soge­nann­ten Jugend-Bau­bri­ga­de ver­brin­gen. Man wohn­te in Gemein­schafts­un­ter­künf­ten und bau­te Hüt­ten­wer­ke. Von fünf Uhr früh bis neun Uhr abends dröhn­te Musik aus den Laut­spre­chern. Ihr war zum Wei­nen zumu­te, aber die Musik klang fröh­lich, und es gab kei­ne Mög­lich­keit, ihr zu ent­rin­nen, weder auf der Toi­let­te noch unter der Bett­de­cke, über­all waren Laut­spre­cher. Die Musik war wie eine Meu­te von Jagd­hun­den, die man auf sie los­ge­hetzt hatte.
Damals hat­te sie geglaubt, die­se Bar­ba­rei der Musik herr­sche nur in der kom­mu­nis­ti­schen Welt. Im Aus­land stell­te sie dann fest, daß die Ver­wand­lung von Musik in Lärm ein welt­wei­ter Pro­zeß war, der die Mensch­heit in die his­to­ri­sche Pha­se der tota­len Häß­lich­keit ein­tre­ten ließ. Die Tota­li­tät der Häß­lich­keit äußer­te sich zunächst als all­ge­gen­wär­ti­ge akus­ti­sche Häß­lich­keit: Autos, Motor­rä­der, elek­tri­sche Gitar­ren, Preß­luft­boh­rer, Laut­spre­cher, Sire­nen. Die All­ge­gen­wart der visu­el­len Häß­lich­keit wür­de bald folgen.
Sie aßen, gin­gen auf ihr Zim­mer und lieb­ten sich. Franz‘ Gedan­ken ver­schwam­men an der Schwel­le zum Schlaf. Er erin­ner­te sich an die lau­te Musik wäh­rend des Abend­essens und sag­te sich: der Lärm hat einen Vor­teil. Man kann kei­ne Wör­ter mehr hören. Es wur­de ihm klar, daß er seit sei­ner Jugend nichts ande­res tat als Reden, Schrei­ben, und Vor­le­sun­gen hal­ten, Sät­ze bil­den, nach For­mu­lie­run­gen suchen und sie ver­bes­sern, so daß ihm zum Schluß kein Wort mehr prä­zis vor­kam und der Sinn ver­schwamm; die Wör­ter ver­lo­ren ihren Inhalt und wur­den zu Krü­meln, Spreu und Staub, zu Sand, der durch sein Gehirn stob, ihm Kopf­schmer­zen und Schlaf­lo­sig­keit ver­ur­sach­te, sei­ne Krank­heit war. Da sehn­te er sich unwi­der­steh­lich, wenn auch unbe­stimmt, nach einer gewal­ti­gen Musik, nach einem rie­si­gen Lärm, einem schö­nen und fröh­li­chen Krach, der alles umarm­te, über­flu­te­te und betäub­te, in dem der Schmerz, die Eitel­keit und die Nich­tig­keit der Wör­ter für immer unter­gin­gen. Musik war die Nega­ti­on der Sät­ze, Musik war das Anti-Wort! Er sehn­te sich danach, unend­lich lan­ge mit Sabi­na umarmt dazu­lie­gen, zu schwei­gen, nie wie­der einen ein­zi­gen Satz zu sagen und das Gefühl der Lust mit dem orgi­as­ti­schen Getö­se der Musik zusam­men­flie­ßen zu las­sen. Mit die­sem glück­se­li­gen Lärm im Kopf schlief er ein.
(Milan Kun­de­ra – Die uner­träg­li­che Leich­tig­keit des Seins)

Ein Lie­bes­paar geht über die Stra­ße. Sie ver­liert einen Knopf. Ein Drit­ter hebt ihn auf, trägt ihn ihr nach. Das Elend hat ihn wie eine Flech­te über­zo­gen, sein Anzug, sei­ne Haut sogar, alles ist Elend.
»O dan­ke«, sagt die Frau und greift nach dem Knopf, den er aber fest­hält. »Das haben wir gar nicht gemerkt.«
»Natür­lich nicht«, bellt der Drit­te. »Immer ist es unse­re Auf­ga­be, uns um die Glück­li­chen zu küm­mern. Wir sol­len die Augen offen hal­ten. Wir sol­len sor­gen, dass nichts fehlt. Glau­ben Sie viel­leicht, die Glück­li­chen haben ein Auge auf uns? Träu­men Sie wei­ter! Ich bin nicht glück­lich, sehen Sie, ich lebe allein, mit mir in Frie­den, aber glück­lich? Küm­mert sich jemand um mich? Wird jemand an mei­nem Grab singen …«
So geht es immer wei­ter. Er redet mit dem Knopf in der Hand, den er nicht her­gibt. Sein Mono­log schlägt sich ins Gebüsch.
»Uner­wi­der­te Lie­be?«, fragt die Frau.
Er nickt.
»Dei­ne Zeit wird kom­men«, sagt sie.
Das ist ihm neu und gibt ihm zu den­ken. Drei Tage spä­ter nimmt er sein Glück in bei­de Hän­de und bucht einen Flug nach Madei­ra, wo ihn eine Woche Hotel ein statt­li­ches Sümm­chen kos­ten soll. Egal, fin­det er, fühlt sich sno­bis­tisch. Aller­dings stürz­te die Maschi­ne ins Meer, und er soll Madei­ra nie ken­nen­ler­nen. Das Hotel berech­net den Hin­ter­blie­be­nen drei Tage Stor­no-Gebühr, und die Lie­ben­den wer­den nicht ein­mal erfah­ren, dass ihn der Fund eines Knop­fes das Leben kos­ten soll­te. So groß ist ihr Glück.
(Roger Wil­lem­sen – Der Knacks)

Was heißt das, »in der Wahr­heit leben«? Eine nega­ti­ve Defi­ni­ti­on ist ein­fach: es heißt, nicht zu lügen, sich nicht zu ver­ste­cken, nichts zu ver­heim­li­chen. Seit Franz Sabi­na kennt, lebt er in der Lüge. Er erzählt sei­ner Frau von einem Kon­greß in Ams­ter­dam, der nie statt­ge­fun­den, von Vor­le­sun­gen in Madrid, die er nie gehal­ten hat, und er hat Angst, mit Sabi­na in den Stra­ßen von Genf spa­zie­ren­zu­ge­hen. Es amü­siert ihn, zu lügen und sich zu ver­ste­cken, denn er hat es sonst nie getan. Er ist dabei ange­nehm auf­ge­regt, wie ein Klas­sen­pri­mus, der beschließt, end­lich ein­mal die Schu­le zu schwänzen.
Für Sabi­na ist »in der Wahr­heit leben«, weder sich selbst noch ande­re zu belü­gen, nur unter der Vor­aus­set­zung mög­lich, daß man ohne Publi­kum lebt. Von dem Moment an, wo jemand unse­rem Tun zuschaut, pas­sen wir uns wohl oder übel den Augen an, die uns beob­ach­ten, und alles, was wir tun, wird unwahr. Ein Publi­kum zu haben, an ein Publi­kum zu den­ken, heißt, in der Lüge zu leben. Sabi­na ver­ach­tet die Lite­ra­tur, in der ein Autor alle Inti­mi­tä­ten über sich und sei­ne Freun­de ver­rät. Wer sei­ne Inti­mi­tät ver­liert, der hat alles ver­lo­ren, denkt Sabi­na. Und wer frei­wil­lig dar­auf ver­zich­tet, der ist ein Mons­trum. Dar­um lei­det Sabi­na nicht im gerings­ten dar­un­ter, daß sie ihre Lie­be ver­heim­li­chen muß. Im Gegen­teil, nur so kann sie »in der Wahr­heit leben«.
Franz dage­gen ist über­zeugt, daß in der Tren­nung des Lebens in eine pri­va­te und eine öffent­li­che Sphä­re die Quel­le aller Lügen liegt: Man ist ein ande­rer im Pri­vat­le­ben als in der Öffent­lich­keit. »In der Wahr­heit leben« bedeu­tet für ihn, die Bar­rie­re zwi­schen Pri­vat und Öffent­lich­keit nie­der­zu­rei­ßen. Er zitiert gern den Satz von André Bre­ton, der besagt, daß er gern »in einem Glas­haus« gelebt hät­te, »wo es kei­ne Geheim­nis­se gibt und das allen Bli­cken offensteht«.
(Milan Kun­de­ra – Die uner­träg­li­che Leich­tig­keit des Seins)

I read the first chap­ter of A Brief Histo­ry of Time when Dad was still ali­ve, and I got incre­di­bly hea­vy boots about how rela­tively insi­gni­fi­cant life is, and how, com­pared to the uni­ver­se and com­pared to time, it did­n’t even mat­ter if I exis­ted at all. When Dad was tuck­ing me in that night and we were tal­king about the book, I asked if he could think of a solu­ti­on to that pro­blem. „Which pro­blem?“ „The pro­blem of how rela­tively insi­gni­fi­cant we are.“ He said, „Well, what would hap­pen if a pla­ne drop­ped you in the midd­le of the Saha­ra Desert and you picked up a sin­gle grain of sand with tweezers and moved it one mil­li­me­ter?“ I said, „I’d pro­ba­b­ly die of dehy­dra­ti­on.“ He said, „I just mean right then, when you moved that sin­gle grain of sand. What would that mean?“ I said, „I dun­no, what?“ He said, „Think about it.“ I thought about it. „I guess I would have moved a grain of sand.“ „Which would mean?“ „Which would mean I moved a grain of sand?“ „Which would mean you chan­ged the Saha­ra.“ „So?“ „So? So the Saha­ra is a vast desert. And it has exis­ted for mil­li­ons of years. And you chan­ged it!“ „That’s true!“ I said, sit­ting up. „I chan­ged the Saha­ra!“ „Which means?“ he said. „What? Tell me.“ „Well, I’m not tal­king about pain­ting the Mona Lisa or curing can­cer. I’m just tal­king about moving that one grain of sand one mil­li­me­ter.“ „Yeah?“ „If you had­n’t done it, human histo­ry would have been one way…“ „Uh-huh?“ „But you did do it, so…?“ I stood in the bed, poin­ted my fin­gers at the fake stars, and screa­med: „I chan­ged the cour­se of human histo­ry!“ „That’s right.“ „I chan­ged the uni­ver­se!“ „You did.“ „I’m God!“ „You’­re an athe­ist.“ „I don’t exist!“ I fell back onto the bed, into his arms, and we cra­cked up together.
(Jona­than Safran Foer – Extre­me­ly Loud & Incre­di­bly Close)