Die Doppelstockwagen-Gesellschaft

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In der Regionalbahn, eine wahre Begebenheit. Zwei ältere Herren betreten den Doppelstockwagen und suchen sich einen Sitzplatz im oberen Bereich:

#1: Das sind doch schöne Plätze. Ich mag es hier oben.

#2: Aber du weißt: Wenn man erst einmal oben ist …

#1: … will man nicht wieder runter?

#2: Das auch. Vor allem aber will man immer höher. Wie Schiller schon sagte: »Streben wir nicht allzu hoch hinauf, daß wir zu tief nicht fallen mögen«.

#1: Nun, das ist eben Risiko. Ich glaube, risikobewusste Menschen sitzen oben, anstatt unten in der Masse unterzugehen.

#2: Aber man braucht die da unten, um sich hier oben besser fühlen zu können.

PAUSE

#1: Ich mag die Aussicht hier oben. Man sieht so weit. Unten sieht man nur Büsche.

#2: Man sieht vielleicht mehr, aber sieht man auch besser?

#1: Ich denke schon. Man kann anderen besser helfen, wenn man oben ist. Man hat mehr Möglichkeiten und einen besseren Überblick.

#2: Da habe ich andere Erfahrungen: Oben sieht man über alles hinweg. Solange die von unten nicht nach oben kommen, nimmt man sie nicht wahr.

#1: Da hast du Recht. Aber es scheint, die haben sich mit ihrem Platz da unten abgefunden.

#2: Vielleicht weil sie noch nie oben waren.

#1: Das kann sein.

Fazit: So einfach kann man die Gesellschaft grob zusammenfassen. Während gestern noch vom so genannten Fahrstuhleffekt gesprochen wurde, kommt es nun durch Auflösung der Mittelschicht zur Doppelstockwagen-Gesellschaft.

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