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Deine Schwächen gehören mir. Ich habe Dich unermüdlich beobachtet und sie nach und nach entdeckt. Ich leide darunter, daß Du sie hast, aber ich würde nicht wollen, daß Du Dich änderst. Ich erwähne sie Dir gegenüber manchmal mit einem Lächeln. Ich möchte Dich nicht kränken, Dir auch keine Ratschläge geben. Ich möchte, daß Du weißt, was ich weiß; und ich wünschte, statt zu versuchen, Dich anders zu geben, als Du bist, würdest Du mir all Deine kleinen Häßlichkeiten zeigen. Ich würde sie lieben, denn sie wären ganz mein. Die anderen würden sie nicht kennen, und dadurch wären wir außerhalb der Welt verbunden. Nichts ist liebenswerter als die Schwächen und Fehler: Durch sie dringt man zur Seele des geliebten Menschen vor, der Seele, die sich in dem Wunsch, wie alle anderen zu erscheinen, ständig verbirgt. Es ist wie bei einem Gesicht. Die anderen sehen nur ein Gesicht; doch man selbst weiß, an welcher Stelle genau die Kurve der Nase, statt ihre ideale Linie fortzusetzen, unmerklich bricht, um eine gewöhnliche Nase zu bilden; man weiß, daß die Poren der Haut aus der Nähe grob und schwarz sind; man hat den Fleck in den Augen gefunden, der mitunter den Blick erlöschen läßt, und den Millimeter zuviel, den die Lippe aufweist, um noch vornehm zu sein. Diese kleinen Makel möchte man lieber küssen als das Vollkommene, weil sie so arm sind und gerade sie es ausmachen, daß dieses Gesicht nicht das eines anderen ist.
Marcelle Sauvageot – Fast ganz die Deine

Die moderne Geschichte hat, denke ich, hinreichend bewiesen, dass jeder Mensch, oder fast jeder, unter gewissen Voraussetzungen das tut, was man ihm sagt; und, verzeiht mir, die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass ihr die Ausnahme seid – so wenig wie ich. Wenn ihr in einem Land und in einer Zeit geboren seid, wo nicht nur niemand kommt, um eure Frau und eure Kinder zu töten, sondern auch niemand, um von euch zu verlangen, dass ihr die Frauen und Kinder anderer tötet, dann danket Gott und ziehet hin in Frieden. Aber bedenkt immer das eine: Ihr habt vielleicht mehr Glück gehabt als ich, doch ihr seid nicht besser. Denn solltet ihr so vermessen sein, euch dafür zu halten, seid ihr bereits in Gefahr. Gern stellen wir dem Staat – ob er totalitär ist oder nicht – den gewöhnlichen Menschen gegenüber, die Laus oder das kleine Licht. Dabei vergessen wir jedoch, dass der Staat aus Menschen besteht, mehr oder weniger gewöhnlichen Menschen, ein jeder mit seinem Leben, seiner Geschichte, jeder mit seiner Verkettung von Zufällen, die dafür gesorgt haben, dass er sich eines Tages auf der richtigen Seite des Gewehrs oder Dokuments wiederfindet, während andere auf der falschen stehen. Dieser Gang der Ereignisse ist in den seltensten Fällen das Ergebnis einer Entscheidung oder gar einer charakterlichen Veranlagung. Und die Opfer sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht deshalb gefoltert oder getötet worden, weil sie gut waren, ebenso wenig wie ihre Peiniger sie aus Bosheit gequält haben. Das zu glauben wäre reichlich naiv; man braucht sich nur in einer beliebigen Bürokratie umzusehen, und sei es die des Roten Kreuzes, um sich davon zu überzeugen. (…) Die Maschinerie des Staates nun ist aus dem gleichen Sand gebacken wie das, was sie Korn für Korn zu Staub zermahlt. Es gibt sie, weil alle damit einverstanden sind, dass es sie gibt, sogar – und häufig bis zum letzten Atemzug – ihre Opfer. Ohne die Höß, Eichmanns, Goglidzes, Wyschinskis, aber auch ohne die Weichensteller, die Betonfabrikanten und die Buchhalter in den Ministerien wäre ein Stalin oder ein Hitler nur einer jener von Hass und ohnmächtigen Gewaltfantasien aufgeblähten Säcke gewesen.
Jonathan Littell – Die Wohlgesinnten

Man kann jahrelang in nervöser Hast in der Stadt leben, es ruiniert zwar die Nerven, aber man kann es lange Zeit durchhalten. Doch kein Mensch kann länger als ein paar Monate in nervöser Hast bergsteigen, Erdäpfel einlegen, holzhacken oder mähen. Das erste Jahr, in dem ich mich noch nicht angepaßt hatte, war weit über meine Kräfte gegangen, und ich werde mich von diesen Arbeitsexzessen nie ganz erholen. Unsinnigerweise hatte ich mir auf jeden derartigen Rekord auch noch etwas eingebildet. Heute gehe ich sogar vom Haus zum Stall in einem geruhsamen Wäldlertrab. Der Körper bleibt entspannt, und die Augen haben Zeit zu schauen. Einer, der rennt, kann nicht schauen. In meinem früheren Leben führte mich mein Weg jahrelang an einem Platz vorbei, auf dem eine alte Frau die Tauben fütterte. Ich mochte Tiere immer gern, und jenen, heute längst versteinerten Tauben gehörte mein ganzes Wohlwollen, und doch kann ich nicht eine von ihnen beschreiben. Ich weiß nicht einmal, welche Farbe ihre Augen und ihre Schnäbel hatten. Ich weiß es einfach nicht, und ich glaube, das sagt genug darüber aus, wie ich mich durch die Stadt zu bewegen pflegte. Seit ich langsamer geworden bin, ist der Wald um mich erst lebendig geworden. Ich möchte nicht sagen, daß dies die einzige Art zu leben ist, für mich ist sie aber gewiß die angemessene. Und was mußte alles geschehen, ehe ich zu ihr finden konnte. Früher war ich immer irgendwohin unterwegs, immer in großer Eile und erfüllt von einer rasenden Ungeduld, denn überall, wo ich anlangte, mußte ich erst einmal lange warten. Ich hätte ebensogut den ganzen Weg dahinschleichen können. Manchmal erkannte ich meinen Zustand und den Zustand unserer Welt ganz klar, aber ich war nicht fähig, aus diesem unguten Leben auszubrechen. Die Langeweile, unter der ich oft litt, war die Langeweile eines biederen Rosenzüchters auf einem Kongreß der Autofabrikanten. Fast mein ganzes Leben lang befand ich mich auf einem derartigen Kongreß, und es wundert mich, daß ich nicht eines Tages vor Überdruß tot umgefallen bin.
Hier, im Wald, bin ich eigentlich auf dem mir angemessenen Platz. Ich trage den Autofabrikanten nichts nach, sie sind ja längst nicht mehr interessant. Aber wie sie mich alle gequält haben mit Dingen, die mir zuwider waren. Ich hatte nur dieses eine kleine Leben, und sie ließen es mich nicht in Frieden leben.
Marlen Haushofer – Die Wand

»Ich würde sagen, die Menge an Langeweile, falls Langeweile meßbar ist, ist heute viel größer als früher. Weil die damaligen Berufe, jedenfalls zu einem großen Teil, nicht ohne eine leidenschaftliche Neigung denkbar waren: die Bauern, die ihr Land liebten; mein Großvater, der schöne Tische zauberte; die Schuster, die die Füße aller Dorfbewohner auswendig kannten; die Förster; die Gärtner; ich vermute, sogar die Soldaten töteten damals mit Leidenschaft. Der Sinn des Lebens stand nicht in Frage, er begleitete sie, in ihren Werkstätten, auf ihren Feldern. Jeder Beruf hatte seine eigene Mentalität, seine eigene Seinsweise geschaffen. Ein Arzt dachte anders als ein Bauer, ein Soldat verhielt sich anders als ein Lehrer. Heute sind wir alle gleich, alle durch die gemeinsame Gleichgültigkeit für unsere Arbeit geeint. Diese Gleichgültigkeit ist eine Leidenschaft geworden. Die einzige große kollektive Leidenschaft unserer Zeit.«
Chantal sagte: »Aber sag mir doch: du selbst, als du Skilehrer warst, als du in Zeitschriften über Innenarchitektur geschrieben hast oder später über Medizin, oder als du als Zeichner in einer Tischlerei gearbeitet hast …«
»… ja, das habe ich am liebsten gemacht, aber es ist nicht gelaufen …«
»… oder als du arbeitslos warst und gar nichts getan hast, da hättest du dich doch auch langweilen müssen!«
»Alles hat sich verändert, als ich dich kennengelernt habe. Nicht, weil meine kleinen Arbeiten spannender geworden sind. Sondern weil ich alles, was um mich herum geschieht, in Stoff für unsere Gespräche verwandle.«
»Wir könnten von etwas anderem sprechen!«
»Zwei Menschen, die sich lieben, allein, von der Welt abgeschieden, das ist sehr schön. Aber womit würden sie ihr Tête-à-Tête ausfüllen? So verächtlich die Welt auch sein mag, sie brauchen sie, um miteinander reden zu können.«
Milan Kundera – Die Identität

»Am Ende meines Besuchs im Krankenhaus hat er angefangen, Erinnerungen zu erzählen. Er hat mir ins Gedächtnis gerufen, was ich mit sechzehn gesagt haben muß. In dem Moment habe ich den einzigen Sinn von Freundschaft, wie sie heute praktiziert wird, begriffen. Der Mensch ist auf sie angewiesen, damit sein Gedächtnis funktioniert. Sich an seine Vergangenheit zu erinnern, sie immer bei sich zu haben ist vielleicht die notwendige Voraussetzung dafür, die Integrität seines Ichs zu wahren, wie man so sagt. Damit das Ich nicht schrumpft, damit es sein Volumen behält, müssen die Erinnerungen begossen werden wie Topfblumen, und dieses Gießen erfordert den regelmäßigen Kontakt mit Zeugen der Vergangenheit. Sie sind unser Spiegel; unser Gedächtnis; man verlangt nichts von ihnen, außer daß sie von Zeit zu Zeit diesen Spiegel polieren, damit man sich darin anschauen kann. Aber mich interessiert nicht im geringsten, was ich auf dem Gymnasium gemacht habe! Was ich mir seit meiner frühen Jugend, vielleicht seit meiner Kindheit immer gewünscht habe, war etwas ganz anderes: die Freundschaft als oberster Wert. Ich sage oft: vor die Wahl zwischen der Wahrheit und dem Freund gestellt, wähle ich immer den Freund. Ich sagte es, um zu provozieren, aber ich meinte es ernst. Heute weiß ich, daß diese Maxime archaisch ist. Sie mochte für Achill gelten, den Freund des Patroklos, für Alexandre Dumas’  Musketiere, sogar für Sancho, der trotz all ihrer Zwistigkeiten ein echter Freund seines Herrn war. Aber sie gilt nicht für uns. Ich gehe in meinem Pessimismus so weit, daß ich heute bereit bin, die Wahrheit der Freundschaft vorzuziehen. (…) Die Freundschaft war für mich der Beweis, daß es etwas Stärkeres gibt als die Ideologie, als die Religion, als die Nation. In Dumas’ Roman befinden sich die Freunde oft in gegnerischen Lagern, so daß sie gezwungen sind, gegeneinander zu kämpfen. Aber das ändert nichts an ihrer Freundschaft. Sie helfen einander trotzdem heimlich, listig und setzen sich über die Wahrheit ihres jeweiligen Lagers hinweg. Sie haben die Freundschaft über die Wahrheit, die Sache, die Befehle von oben gestellt, über den König, über die Königin, über alles.«
Milan Kundera – Die Identität

»Vergiß nicht, ich habe zwei Gesichter. Ich habe gelernt, eine gewisse Freude daran zu haben, aber trotzdem ist es nicht leicht, zwei Gesichter zu haben. Das erfordert Anstrengung, das erfordert Disziplin! Du mußt verstehen, daß ich alles, was ich, gern oder ungern, tue, mit dem Ehrgeiz tue, es gut zu machen. Und sei es nur, um meine Stelle nicht zu verlieren. Es ist sehr schwer, perfekt zu arbeiten und diese Arbeit gleichzeitig zu verachten.«
»Oh, du kannst es, du bist dazu imstande, du bist genial«, sagt Jean-Marc.
»Ja, ich kann zwei Gesichter haben, aber ich kann sie nicht gleichzeitig haben. Bei dir habe ich das Gesicht, das sich lustig macht. Wenn ich im Büro bin, trage ich das seriöse Gesicht. Ich bekomme die Unterlagen der Leute vorgelegt, die sich bei uns um eine Stelle bewerben. Ich muß sie empfehlen oder ein negatives Votum abgeben. Manche drücken sich in ihrem Brief in einer so perfekt modernen Sprache aus, mit all den Klischees, mit dem Jargon, mit dem ganzen obligatorischen Optimismus. Ich brauche sie nicht zu sehen oder mit ihnen zu sprechen, um sie zu verabscheuen. Ich weiß aber, daß sie gut und eifrig arbeiten werden. Und dann gibt es jene, die sich unter anderen Umständen sicherlich der Philosophie, der Kunstgeschichte, dem Französischunterricht gewidmet hätten, heute aber, in Ermangelung von etwas Besserem, fast aus Verzweiflung, suchen sie bei uns Arbeit. Ich weiß, daß sie die Stelle, um die sie sich bewerben, insgeheim verachten und daß sie also meine Brüder sind. Und ich muß entscheiden.«
»Und wie entscheidest du?«
»Einmal empfehle ich den, der mir sympathisch ist, einmal den, der gut arbeiten wird. Ich handle halb als Verräter an meiner Firma, halb als Verräter an mir selbst. Ich bin ein doppelter Verräter. Und diesen doppelten Verrat betrachte ich nicht als Niederlage, sondern als tolle Leistung. Wie lange denn werde ich noch in der Lage sein, meine zwei Gesichter zu wahren? Das ist sehr anstrengend. Der Tag wird kommen, an dem ich nur ein einziges Gesicht haben werde. Das schlechtere von beiden natürlich. Das seriöse. Das zustimmende. Wirst du mich dann noch lieben?«
Milan Kundera – Die Identität

Es stimmt, daß ich ungeschickt bin; ich kann keine Gefühle ausdrücken; kaum habe ich ein paar Worte dazu gesagt, mache ich mich über mich selber lustig, mache ich mich über den anderen lustig, zerstöre ich die ganze Wirkung durch einen ironischen Satz. Es ist ein Mißtrauen gegen mich selbst; ich staune, mich meine Empfindungen preisgeben zu hören, wie alle anderen es tun. Ich höre mir zu, als wäre es jemand anderes, der da spricht, und glaube, nicht mehr aufrichtig zu sein; durch die Worte erscheinen mir meine Gefühle aufgeblasen und fremd. Ich meine dann, man wird mich belächeln wie ein kleines Mädchen, das von Dingen spricht, die es nicht kennt. Es ist nicht möglich, daß ich es bin, die sagt: Ich liebe Sie. Wenn man mir nun glaubte, und ich hätte mich getäuscht! Also muß ich meine Sätze immer mit einer Pirouette beenden, die zu sagen scheint: «Sie lieben mich, da Sie es mir ja sagen; wenn ich jedoch liebe, wie ich es tue, fürchte ich, das ist so nicht richtig – gewiß können alle anderen besser lieben und es besser sagen als ich.» Ich habe Angst, eines Tages zu entdecken, daß ich nicht liebe, und lasse schon im voraus Zweifel an meinen Gefühlen entstehen, da ich befürchte, man könnte mir am Ende Unaufrichtigkeit vorwerfen; also male ich mir tausenderlei Umstände aus, in denen meine Liebe vermutlich nicht ausreichen würde. Ich behaupte, ich würde nicht treu sein, dabei verwehre ich es jedem anderen, mich ins Theater zu begleiten oder mir die Fingerspitzen zu küssen, um demjenigen, dem ich gesagt habe, ich liebte ihn nicht, nicht zu mißfallen, und sei es nur in Gedanken. Indem ich also leugne, daß mein Herz liebt, binde ich mich stärker als derjenige, der mir sagt: Ich liebe dich.
Ich wünschte, man würde mich durchschauen; doch man sieht nur die Pirouetten und die Ironie.
Marcelle Sauvageot – Fast ganz die Deine

„In der Regel fehlen denen, die über Bildungskapital in nennenswertem Umfang nicht verfügen, die ›richtigen‹ Informationen für eine in die höchsten Positionen führende Bildungsinvestition, es fehlt ihnen die Vertrautheit mit den Strukturen und Werten der Schule, und wo diese nicht fehlt, wie zum Beispiel in den Familien der Lehrer oder der kleinen Beamten, da fehlen ihnen die materielle Sicherheit und auch die Sicherheit des Habitus, die jene riskanten Bildungswege ermöglichen würden, die den höchsten Gewinn versprechen“ (Krais & Gebauer, 2002, S. 41).

Zusätzlich zu einer kulturellen und habituellen Passung, die sich als primärer Herkunftseffekt auf die schulischen Leistungen auswirkt, ist die Bildungslaufbahn innerhalb des Schulsystems von zahlreichen sich kumulierenden Entscheidungen geprägt, die je nach sozialer Herkunft unterschiedlich ausfallen, von der Wahl der vorschulischen Betreuung und der Grundschule, über die weiterführende Schulform, die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung oder eines Studiums bis hin zur Wahl des spezifischen Studienfachs. Diese Bildungsentscheidungen sind vor allem in den ersten Abschnitten des Bildungsverlaufs wie etwa beim Übergang von der Grund- in die weiterführende Schule elterliche Entscheidungen, während später auch der Schüler selbst die Entscheidungen beeinflussen kann[1].

In der Bildungsforschung dominieren verschiedene, auf Boudons (1974) Modell rationaler Wahlentscheidungen fußende Konzepte (für einen Überblick siehe Maaz, Hausen, McElvany, & Baumert, 2006; Becker R., 2011; Stocké, 2010) die Erklärung der herkunftsspezifischen Bildungsentscheidungen, wie etwa die Theorie rationaler Bildungsentscheidungen (vgl. Erikson & Jonsson, 1996), der mikrotheoretische Ansatz (vgl. Breen & Goldthorpe, 1997) oder die Wert-Erwartungs-Theorie (vgl. Esser, 1999). Der Kern all dieser Theorien „besteht in der Annahme, dass Individuen bei der Entscheidungsfindung kalkulieren, welche Erträge sich aus dem Besuch eines bestimmten Bildungsgangs ergeben und welche Kosten damit verbunden sind“ (Maaz, Hausen, McElvany, & Baumert, 2006, S. 303; vgl. Hillmert, 2007), demzufolge es sich bei Bildungsentscheidungen um zukunftsorientierte, nutzenmaximierende, zielgerichtete rationale Abwägung als „Teil der Lebensplanung“ (Becker R., 2011, S. 107) handele. Verallgemeinernd wird hierzu das Motiv des Statuserhalts unterstellt (vgl. Maaz, 2006; Maaz, Hausen, McElvany, & Baumert, 2006; Becker R., 2007; Hillmert, 2007; Becker R., 2011), das als alleiniges Motiv allerdings bereits zu kurz greift, da milieuspezifische Einstellungsmuster und Bildungsaspirationen gegenüber der Schule existieren, die sich in entsprechenden herkunftsspezifischen ‚Strategien‘ äußern, seien es je nach Milieu etwa Aufstiegs- oder Vermeidungsstrategien. Damit verbunden ist zudem die Frage, wessen Nutzen eigentlich gemeint ist, wenn von Nutzenmaximierung gesprochen wird (vgl. Ditton, 2007, S. 251) – der der Familie, der des Kindes oder gar ein gänzlich anderer.

Die ungleichen, herkunftsspezifischen Bildungsentscheidungen werden in diesem Kontext mit einer je nach sozialer Herkunft unterschiedlich ausfallenden Einschätzung und Bewertung der eigenen Leistungen, des potentiellen Studienerfolgs und des Kostenrisikos erklärt (vgl. Becker & Lauterbach, 2007; Becker R., 2010), d.h. „[d]ie Rationalität der Bildungsentscheidung ergibt sich daher aus der (vernünftigen) Beachtung von Möglichkeiten und Zwängen der Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten, die wiederum mit der sozialen Position der Familie und ihren Ressourcen gegeben sind“ (Becker R., 2007, S. 165). Wenngleich darauf hingewiesen wird, dass derartige „Evaluations- und Auswahlprozesse (…) nicht zwangsläufig bewusst vorgenommen werden“ (Becker R., 2011, S. 127) müssen, wird doch immer wieder betont, derartige Bildungsentscheidungen basierten auf „komplexen  Entscheidungsprozessen, denen in der Regel mehr oder weniger umfassende Informationssuchen, selektive Informationsverarbeitungen und darauf basierende Abwägungsprozesse vorausgehen“ (ebd., S. 107) – hier wird entweder ein Widerspruch offenbar, oder es handelt sich um eine Einschränkung der latent rationalistischen Sichtweise zugunsten anderer Erklärungsansätze wie etwa unter Zuhilfenahme des Habituskonzepts. Für letzteres spricht, dass zugleich ‚frames‘ und ‚habits‘ angeführt werden, die zu sicheren und ‚automatischen Entscheidungen‘ führen sollen, da sie „sich in der Vergangenheit immer bewährt haben“ (ebd., S. 127) und es die „Unbestimmtheit der konkreten Handlungssituation (…) möglicherweise strukturell unmöglich [macht], i.e.S. ‚rational’ zu handeln“ (Hillmert, 2007, S. 92), weswegen auf bewährte, erfahrungsmäßige (und eher unbewusste) Handlungsmechanismen zurückgegriffen werden muss.

In diesem Sinne soll das Konzept der rationalen Wahl mit jenem des Habitus verbunden werden, da „rationale Entscheidungen üblicherweise mit den inkorporierten Schemata des Habitus weitgehend zusammenfallen“ (Lange-Vester & Teiwes-Kügler, 2006, S. 60; vgl. Vester, 2006; Grundmann, 2006), was nichts anderes bedeutet, als dass ein Individuum die objektiven Perspektiven, Chancen und Wahrscheinlichkeiten habituell verinnerlicht hat, die somit zur Grundlage der eigenen, subjektiven herkunftsspezifischen Rationalität geworden sind, sodass objektive Möglichkeiten und subjektive Entscheidungen in einer Art Wahl der wahrscheinlichsten Zukunft – vermittelt über die implizite Komplizenschaft des Habitus mit den ihn erzeugenden Strukturen – in der Regel übereinstimmen, da der Habitus und der mit ihm einhergehende praktische Sinn als „Natur gewordene, in motorische Schemata und automatische Körperreaktionen verwandelte gesellschaftliche Notwendigkeit“ (Bourdieu, 1987b, S. 127; vgl. Krais & Gebauer, 2002) eine Rationalität erzeugt, die den erfahrenen gesellschaftlichen Umständen am besten angepasst ist: „Ob die Wahl eines Studiums oder die Entscheidung für einen Lehrberuf eher rational kalkulierend oder eher ohne spezifische Kalkulation erfolgt, lässt sich deshalb oft gar nicht unterscheiden, weil beide Logiken des Handelns zu übereinstimmenden Ergebnissen führen“ (Lange-Vester & Teiwes-Kügler, 2006, S. 60) und „Übereinstimmungen zwischen dem Willen der Akteure und den Lenkungen des Bildungssystems die Regel sind“ (Lange-Vester, 2009, S. 273). Wenn also eine rationale Wahl per Beobachtung konstruiert wird, heißt das nicht zwangsläufig, dass der Akteur diese auch bewusst als rationale Wahl erfahren bzw. vollzogen hat, da „bewusstes und kalkulierendes Handeln im Alltag von Menschen einen Sonderfall, keineswegs den ‚Normalmodus‘ des Handelns darstellt“ (Bittlingmayer, 2006, S. 45; vgl. Vester, 2004), sind doch die „einträglichsten Strategien (…) meist die, welche außerhalb jeder Berechnung (…) erzeugt werden“ (Bourdieu, 1987a, S. 116), weshalb zwar „eine sehr enge Korrelation zwischen wissenschaftlich konstruierten objektiven Wahrscheinlichkeiten (…) und subjektiven Erwartungen“ (ebd., S. 100) festgestellt werden kann, die aber nicht als Beleg für bewusst-kalkulierendes Handeln missverstanden werden sollte (vgl. ebd.; Krais & Gebauer, 2002; Wigger, 2009; Bourdieu & Wacquant, 1996).

Über den Habitus werden in der Regel „die unwahrscheinlichsten Praktiken (…) durch eine Sofortunterwerfung unter die Ordnung, die aus der Not gern eine Tugend macht, also Abgelehntes verwirft und Unvermeidliches will, als undenkbare ausgeschieden“ (Bourdieu, 1987a, S. 100), bevor überhaupt eine bewusst-kalkulierende Abwägung stattfinden kann; so zum Beispiel im Fall des schulablehnenden Verhaltens unter Kindern aus schulbildungsfernen Milieus, denn hierbei werden die Spielregeln von vornherein abgelehnt, das Spiel nicht anerkannt, weil die ohnehin geringen objektiven Erfolgschancen bereits habituell verinnerlicht worden sind. Bildungsstrategien und rationale Bildungsentscheidungen können somit nicht anders begriffen werden denn als „eine (implizite) Vernünftigkeit der Handlungspläne, wie sie sich aus dem Habitus des Individuums bzw. der Familie und aus der jeweiligen Position im sozialen Raum ergibt“ (Brake & Büchner, 2009, S. 69), dementsprechend diese Vernünftigkeit mit den jeweils milieuspezifischen Alltagspraktiken, deren Zusammenwirken mit dem Handlungsfeld Schule, der unterschiedlichen Schulnähe und der Wertschätzung der Schule als auch der von der Schule erfahrenen Wertschätzung variiert (vgl. Lange-Vester & Teiwes-Kügler, 2006; Grundmann, 2006) und nicht objektiv fassbar, sondern nur anhand der subjektiven Dispositionen erklärbar ist.

Jeder rationalistische Erklärungsansatz der Bildungsentscheidungen ist folglich „intellektuellozentrisch“ (Bourdieu & Wacquant, 1996, S. 153) und begeht daher den Fehler, objektiv feststellbare Strategien als subjektive Strategien zu interpretieren und dahingehend umzudeuten (vgl. Bourdieu, 1998, S. 207 & 210; Bourdieu & Wacquant, 1996, S. 100; Krais & Gebauer, 2002, S. 23), womit er einer retrospektiven Illusion aufliegt, indem „die objektiv finalisierte Aktion des Habitus als das Ergebnis einer bewussten und kalkulierten (…) Strategie aufgefasst wird und nicht als eine objektive Strategie, die ihren Erfolg vielfach nur ihrer Unbewusstheit (…) verdankt“ (Bourdieu, 2011, S. 25), zumal es trivial bis tautologisch anmutet zu konstatieren, Akteure entschieden sich in einem rationalen Prozess für diejenige Alternative, die bei rationaler Abwägung am sinnvollsten sei.

Hinzu kommen Konfliktverhältnisse zwischen Alltagspraxis und schulischer Praxis, die maßgeblichen Einfluss auf die jeweils verfolgten Bildungsstrategien ausüben. In den unteren, schulbildungsferne(re)n Milieus provoziert die Schule einen „konflikthafte Gegensatz, der hier zwischen lebensweltlich relevanter und institutionell geforderter Bildung besteht“ (Grundmann, Bittlingmayer, Dravenau, & Groh-Samberg, 2007, S. 48; vgl. Bittlingmayer & Grundmann, 2006; Dravenau & Groh-Samberg, 2005), der letzten Endes eine die soziale Identität massiv beeinträchtigende Bildungsentscheidung hervorruft, die zugunsten der Schule und gegen das Herkunftsmilieu oder zugunsten des Herkunftsmilieus und gegen die Schule ausfällt, denn jene „Handlungsbefähigungen und Kompetenzen, die in der einen Welt zählen, sind in der jeweils anderen nichts wert“ (ebd., S. 49). Spätestens an dieser Stelle sollte deutlich werden, dass eine rein auf Nutzenmaximierung und rationale Abwägung fokussierte Analyse derartige identitätsstiftende oder -bedrohende Einflüsse und potentielle Entfremdungsprozesse größtenteils ignoriert und nur eine lückenhafte Erklärung leisten kann, die der Akteursperspektive kaum gerecht wird, da auch die zu erwartende Entfremdung und Entbehrung und die damit einhergehenden Zumutungen in die Bildungsentscheidungen eingehen (Grundmann, Bittlingmayer, Dravenau, & Edelstein, 2006). Die vor allem bei Familien mit niedrigem Bildungsstatus zu beobachtende Selbsteliminierung aus dem Schulsystem, d.h. die Wahl wenig ertragreicher Bildungslaufbahnen, der Abbruch derselben oder die Entwicklung von Gegenwelten kann darum als Selbstschutz verstanden werden, um „der weiteren Konfrontation mit den lebensweltlich inkommensurablen Imperativen schulischer Bildung aus dem Weg [zu] gehen“ (Grundmann, Groh-Samberg, Bittlingmayer, & Bauer, 2003, S. 39; vgl. Ditton, 2010; Dravenau, 2006).

Unzureichende analytische Schärfe weisen die Rational-Choice-Theorien auch hinsichtlich des herkunftsspezifischen Zeithorizonts bei der Bildungsplanung auf (vgl. Becker R., 2010; Becker R., 2011; Ditton, 2007), der von der materiellen und kulturellen Situation der Familie abhängig ist. Die Vorstellung im Kontext der Theorien rationaler Wahl lautet vereinfacht ausgedrückt: Aufgrund der materiellen Situation und weil die Ausbildungswege unterschiedliche Kosten und Nutzen aufweisen, wird von den Akteuren in einem mehr oder weniger rationalen Prozess der bewusste Zeithorizont angepasst, der für Planungen zur Verfügung steht. Diese Vorstellung ist erneut als rationalistisch zurückzuweisen, da sich der herkunftsspezifische Zeithorizont nicht nur in rationaler Betrachtung und dem Maß der kalkulierenden Vorausplanung äußert, sondern auch im Denken, der Wahrnehmung und somit dem Habitus an sich (vgl. Bourdieu, 2000; Garhammer, 2002; Levine, 1999). Da untere, schulbildungsferne Milieus über kaum materielles und kulturelles Kapital verfügen und „lebensweltlich gerade darauf angewiesen sind, nur geringe Erwartungen an ihre Zukunft, an die Planbarkeit ihres Lebens und an längerfristige Ziele und biografische ‚Projekte‘ zu stellen“ (Grundmann, Bittlingmayer, Dravenau, & Groh-Samberg, 2007, S. 56), entwickeln sie einen Habitus der Not, der als einzige lebensweltlich praktikable Strategie auf Hedonismus und das Genießen des im Augenblick Gegebenen setzt (vgl. Bourdieu, 1982, S. 297) und damit den Zeithorizont stark einschränkt  – dies allerdings nicht als Ergebnis bewusster Prozesse, sondern im Sinne einer habituellen Anpassung an die lebensweltlichen Erfordernisse. Dies bedeutet, für riskantere Ausbildungsgänge und umfassende Bildungsplanungen können sich hauptsächlich solche Akteure entscheiden, die über einen entsprechenden habituellen Zeithorizont und die diesem zugrundeliegende ökonomische Grundlage verfügen, wohingegen in „unberechenbaren Lebensverhältnissen (…) das Ethos planmäßiger Lebensführung wenig [nutzt]“ (Vester, 2004, S. 46), da es mit den alltäglichen Praxen, die zum (Über-)Leben im Herkunftsmilieu notwendig sind, kollidiert.

Vermeintlich irrationale Bildungsentscheidungen, wie etwa die Wahl der Realschule statt des Gymnasiums oder der Abbruch eines Studiums, sind folglich nicht als irrational im eigentlichen Sinne zu begreifen, da dies die jeweils herkunftsspezifische Rationalität verkennen würde, auf der die Entscheidungen basieren, ohne dabei zwingend Ausdruck subjektiv rationaler Entscheidungen zu sein, „sondern sie können im jeweiligen sozialen Kontext funktional sein“ (Hillmert, 2007, S. 91; vgl. Bittlingmayer, 2006; Dravenau, 2006; Grundmann, 2006) und lediglich unterschiedliche Anschlussfähigkeit an die Anforderungen des institutionalisierten Bildungswesens aufweisen:

„Jede Einzelentscheidung, durch die sich ein Kind vom weiteren Bildungsaufstieg ausschließt oder in einen aussichtlosen Zweig relegieren läßt, resultiert, selbst wenn sie durch den Druck innerer Berufung oder die Feststellung unzureichender Befähigung erzwungen scheint, aus der Gesamtheit der objektiven Relationen zwischen sozialer Klasse und Bildungssystem“ (Bourdieu & Passeron, 1971, S. 178).

Am Beispiel des Studiums lässt sich das Dargelegte exemplarisch verdeutlichen. Selbst bei vergleichbaren schulischen Leistungen weisen Kinder aus Familien mit hoher formaler Bildung eine deutlich stärkere Studienintention auf als Kinder aus schulbildungsfernen Milieus (vgl. Maaz, 2006; Reemtsma Begabtenförderungswerk, 2009; Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2010) und nehmen auch dann eher ein Studium auf, wenn sie sich selbst schlechte Leistungen attestieren und niedrige Erfolgserwartungen haben (vgl. Becker R., 2010). Studenten aus unteren Milieus denken außerdem häufiger an Studienabbruch (vgl. Lange-Vester & Teiwes-Kügler, 2004) – nicht selten, weil sie einen stärkeren Praxisbezug vermissen (vgl. Reemtsma Begabtenförderungswerk, 2009, S. 29), was die soziale Distanz zu abstrakter Bildung verdeutlicht – und geben als Ausdruck des schulbildungsfernen Habitus einen generell höheren Beratungsbedarf an (vgl. Isserstedt, Middendorff, Kandulla, Borchert, & Leszczensky, 2010, S. 35 & 461).

Entfremdung, institutionelle Steuerung und mangelnde Passungsverhältnisse erwecken den Anschein, als seien es die Individuen selbst, die ihre Bildungswege wählen, sich durchsetzen oder eliminieren lassen, obwohl vielmehr unterschiedliche Bildungsstrategien, divergierende Zeithorizonte, implizite und explizite Zwänge und symbolische Gewalt, letztlich also Habitusunterschiede und die in der Herkunftsfamilie vorliegende Kapitalausstattung für die Selbsteliminierungen aus dem Bildungssystem verantwortlich sind (vgl. Vester, 2004; Lange-Vester, 2009).


[1] Gemeint ist hiermit die gezielte, bewusste Beeinflussung der konkreten Bildungsentscheidung – die schulischen Leistungen eines Schülers tragen ohnehin zur Entscheidungsfindung bei, sei es als limitierender Faktor oder als Zugangsberechtigung.


Literatur:

  1. Autorengruppe Bildungsberichterstattung. (2010). Bildung in Deutschland 2010. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag. Online verfügbar unter: http://www.bildungsbericht.de/daten2010/bb_2010.pdf.
  2. Becker, R. (2007). Soziale Ungleichheit von Bildungschancen und Chancengerechtigkeit. In R. Becker, & W. Lauterbach (Hrsg.), Bildung als Privileg (2. Auflage) (S. 157-185). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  3. Becker, R. (2010). Warum bildungsferne Gruppen von der Universität fernbleiben und wie man sie für das Studium an der Universität gewinnen könnte. In H.-H. Krüger, U. Rabe-Kleberg, R.-T. Kramer, & J. Budde (Hrsg.), Bildungsungleichheit revisited (S. 223-234). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  4. Becker, R. (2011). Entstehung und Reproduktion dauerhafter Bildungsungleichheiten. In R. Becker (Hrsg.), Lehrbuch der Bildungssoziologie (2. Auflage) (S. 87-138). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  5. Becker, R., & Lauterbach, W. (2007). Bildung als Privileg – Ursachen, Mechanismen, Prozesse und Wirkungen. In R. Becker, & W. Lauterbach (Hrsg.), Bildung als Privileg (2. Auflage) (S. 9-41). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  6. Bittlingmayer, U. H. (2006). Grundzüge einer mehrdimensionalen sozialstrukturellen Sozialisationsforschung. In M. Grundmann, D. Dravenau, U. H. Bittlingmayer, & W. Edelstein, Handlungsbefähigung und Milieu. Zur Analyse milieuspezifischer Alltagspraktiken und ihrer Ungleichheitsrelevanz (S. 37-55). Berlin: LIT Verlag.
  7. Bittlingmayer, U. H., & Grundmann, M. (2006). Die Schule als (Mit-)Erzeugerin des sozialen Raums. Zur Etablierung von Bildungsmilieus im Zuge rapider Modernisierung. Das Beispiel Island. In M. Grundmann, D. Dravenau, U. H. Bittlingmayer, & W. Edelstein, Handlungsbefähigung und Milieu. Zur Analyse milieuspezifischer Alltagspraktiken und ihrer Ungleichheitsrelevanz (S. 75-95). Berlin: LIT Verlag.
  8. Boudon, R. (1974). Education, Opportunity, and Social Inequality. Changing Prospects in Western Society. New York: Wiley & Sons.
  9. Bourdieu, P. (1982). Die feinen Unterschiede. Frankfurt/M: Suhrkamp.
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Wenn du mit einem realen Menschen zusammensein und dessen Wesenskern spüren willst, mußt du mit ihm allein sein. Jedes weitere Paar Augen und Ohren verwässert nur diesen Wesenskern. Wenn du mit zwei deiner besten Freunde essen gehst, wirst du nicht mit zwei vollständigen Personen unterwegs sein, und sie werden sich nicht so offen benehmen, wie sie es täten, wenn sie mit dir allein wären. Bist du mit einem Freund oder einer Freundin auf einer großen Party, erlebst du nur einen Bruchteil seiner oder ihrer wahren Persönlichkeit. Übertrage diesen Gedanken auf nationale, globale oder sogar evolutionäre Zusammenhänge, und schon ergibt vielleicht alles, was je geschehen ist, mehr Sinn.
Joey Goebel – Freaks

Ich begreife mein Verharren in diesem immer gleichen Leben, diesem Staub, diesem Schmutz an der Oberfläche des Nie-Veränderns einzig als ein Fehlen persönlicher Hygiene.
So wie wir unseren Körper waschen, sollten wir auch unser Schicksal waschen, das Leben wechseln wie Wäsche – nicht, um uns am Leben zu erhalten, wie durch Nahrung oder Schlaf, sondern aus jener wertfreien Selbstachtung, die genau wir Hygiene nennen.
Bei vielen Menschen ist dieser Mangel an Hygiene nicht etwa als bewußt gewollt zu verstehen, sondern vielmehr als ein Achselzucken ihres Intellekts. Und bei vielen ist ein immer gleiches stumpfsinniges Leben nicht auf eine freie Entscheidung zurückzuführen oder auf ein natürliches Sich-Schicken in eine ungewollte Existenz, sondern auf eine getrübte Wahrnehmung ihrer selbst, auf einen ironischen Automatismus ihres Intellekts.
Manchen Schweinen widerstrebt die eigene Schweinerei, dennoch lassen sie nicht ab von ihr, und zwar aus dem gleichen übersteigerten Gefühl heraus, aus dem ein verängstigter Mensch die Gefahr nicht flieht. Wie ich suhlen sich manche Schweine in ihrem Schicksal und lassen, fasziniert vom eigenen Unvermögen, nicht ab von der Banalität ihres Lebens. Sie sind wie Vögel, die allein der Gedanke an die Schlange fesselt, wie Fliegen, die blindlings Baumstämme umkreisen, bis sie in die klebrige Reichweite einer Chamäleonzunge geraten.
Fernando Pessoa – Das Buch der Unruhe