Wohin mit den ganzen Wörtern?
Fragst Du Dich auch manchmal, was mit den ganzen Wörtern passiert, die Du im Laufe des Tages nicht gesprochen oder geschrieben hast?
Ich stelle mir gerne vor, dass ich für manches ein tägliches oder wöchentliches Kontingent habe, z.B. für zwischenmenschliche Kontakte, für Lächeln, oder eben für Wörter. So wie das jährliche Budget für Straßenbau in meiner Heimatstadt. Im Herbst wurden an den unmöglichsten Stellen Verkehrsinseln und Bremsschwellen gebaut, um im nächsten Jahr nicht etwa weniger Geld aus dem großen Topf zugewiesen zu bekommen.
Wenn das persönliche Budget ausgeschöpft ist, dann hat man vielleicht schon um 15 Uhr kein Lächeln mehr übrig und ist schon vom Atmen eines anderen Menschen genervt, oder aber man hat noch was über, lächelt völlig unmotiviert Bremsschwellen und Verkehrsinseln in die Luft und wird in der Bahn weiträumig umgangen, hat als einziger noch einen Sitzplatz neben sich frei, weil Leute, die ohne erkennbaren Grund lächeln, unheimlich sind.
Übriggebliebene Wörter kann man vielleicht durch Selbstgespräche loswerden, oder durch sinnlose Blogbeiträge wie diesen, aber das ist ja doch beides nicht jedermanns Sache. Ich empfinde es schon als merkwürdig, mit den Katzen zu reden. Selbstgespräche kommen also für mich nicht in Frage. Zumindest jetzt noch nicht. In 30 bis 40 Jahren, wenn ich eine bösartige alte Frau geworden bin, so eine, vor der alle Kinder in der Straße Angst haben und bei der sie beim Martinisingen nicht klingeln, gehe ich vor mich hin brummelnd umher und habe niemals mehr Wörter übrig, wenn ich einschlafen will.
Es ist nämlich so, dessen bin ich mir sicher, dass man von diesen Übriggebliebenen am Ende des Tages heimgesucht wird. Drohend ballen sie sich in den Ecken des Kopfes zusammen und tuscheln. Dieses Tuscheln knapp über der Grenze, an der es gehört werden kann. Ein Crescendo von Zischlauten, harten Ts und Ps (mit Spucketröpfchen) und bedeutungsschwangeren drei Punkten. Und dann kann man nicht oder nur schlecht schlafen. Im Kopf setzt sich Staub ab. Du siehst, es ist alles sehr dramatisch.
Wochenenden und Urlaube können besonders gefährlich sein!
Mit drei Punkten wird es noch ernster:
Wochenenden und Urlaube können besonders gefährlich sein…
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