Pro­blem­be­wusst­sein

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Mit Mes­sern kann man sich ver­let­zen, daher soll man sie ver­mei­den; Tür­klin­ken sind tat­säch­lich mit Bak­te­ri­en bedeckt. Wer weiß, ob man mit­ten im Sym­pho­nie­kon­zert nicht doch plötz­lich auf die Toi­let­te muß, oder ob man das Schloß beim Nach­prü­fen nicht irr­tüm­lich auf­ge­schlos­sen hat? Der Ver­nünf­ti­ge ver­mei­det daher schar­fe Mes­ser, öff­net Türen mit dem Ell­bo­gen, geht nicht ins Kon­zert und über­zeugt sich fünf­mal, daß die Tür wirk­lich abge­sperrt ist. Vor­aus­set­zung ist aller­dings, daß man das Pro­blem nicht lang­sam aus den Augen ver­liert. Die fol­gen­de Geschich­te zeigt, wie man das ver­mei­den kann:

Eine alte Jung­fer, die am Fluß­u­fer wohnt, beschwert sich bei der Poli­zei über die klei­nen Jun­gen, die vor ihrem Haus nackt baden. Der Inspek­tor schickt einen sei­ner Leu­te hin, der den Ben­geln auf­trägt, nicht vor dem Haus, son­dern wei­ter fluß­auf­wärts zu schwim­men, wo kei­ne Häu­ser mehr sind. Am nächs­ten Tage ruft die Dame erneut an: Die Jun­gen sind immer noch in Sicht­wei­te. Der Poli­zist geht hin und schickt sie noch wei­ter fluß­auf­wärts. Tags dar­auf kommt die Ent­rüs­te­te erneut zum Inspek­tor und beschwert sich: »Von mei­nem Dach­bo­den­fens­ter aus kann ich sie mit dem Fern­glas immer noch sehen!«

Man kann sich nun fra­gen: Was macht die Dame, wenn die klei­nen Jun­gen nun end­gül­tig außer Sicht­wei­te sind? Viel­leicht begibt sie sich jetzt auf lan­ge Spa­zier­gän­ge fluß­auf­wärts, viel­leicht genügt ihr die Sicher­heit, daß irgend­wo nackt geba­det wird. Eines scheint sicher: Die Idee wird sie wei­ter­hin beschäf­ti­gen. Und das Wich­tigs­te an einer so fest geheg­ten Idee ist, daß sie ihre eige­ne Wirk­lich­keit erschaf­fen kann.
(Paul Watz­la­wick – Anlei­tung zum Unglücklichsein)

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