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Vierter Anklagepunkt [im Prozess gegen das Leben]: Wo war die Liebe?

(…) Diese Antwort interessierte mich sehr. Liebe, ja, was hatte das Leben mit der Liebe getan? Verscheucht, vergruselt, entfernt, mich nicht gelassen, mir nehmend, nie gebend. Das Leben wollte nicht, dass ich geliebt werde, legte mir Mutlosigkeit und Angst in den Weg, nahm mir mein Selbstwertgefühl, schubste mich zu Boden. Saukerl! Das hatte ich nicht verdient. Ich hatte darum gebeten, glücklich zu sein, lieben zu dürfen, doch ständig mischte es sich ein, mein größter Gegner, mein Feind, dieses Leben, von dem andere sagen, es sei schön, liebenswert und mache Spaß. Welch eine Lüge, damit wäre nach diesem Prozess Schluss. Für immer. Die Wahrheit musste auf den Tisch, die Menschen mussten erkennen, dass sie es nicht verdient hatten, dass das Leben ihnen einen Strich durch die Rechnung macht. Warum hatte ich so wenig gelacht, hatte so wenig Freude, wurde nicht geliebt, und immer, wenn ich lieben wollte, wurde mir wieder ein Stein hingeschmissen? Los, sprich, schnell, ich hol dich sonst hinter dem Vorhang vor, du elender Gauner, du Dieb meiner Liebe. Schämst du dich endlich, du Leben, das ich nicht wollte? Los, komm endlich raus!

Was hast du erwartet?

Liebe!

Warum hast du es nicht zugelassen?

Weil du mich nicht gelassen hast!

Warum warst du so feige?

Weil du mir den Mut nicht gabst!

Wieso hast du ihn dir nicht einfach genommen?
(Mia Bernstein – Erdbeerflecken)