Kritische Auseinandersetzung mit dem System und seiner Propaganda macht einsam. Denn in aller Regel zieht ja das soziale Umfeld (Kollegen, Familie, Freunde, Partner etc.) nicht mit, wenn einer anfängt, herrschende Ideologien in Frage zu stellen. Die Folgen reichen von Spott und Distanzierung bis hin zu sozialer Isolierung. Es muss einer schon ein gehöriges Maß an Autonomie und Kraft (im Sinne von Ichstärke) mitbringen, um sich von solchen Mechanismen nicht kleinkriegen zu lassen, d.h. sich diesem Gruppendruck nicht anzupassen und die aus einer kritischen Geisteshaltung notwendig resultierende Vereinsamung zu ertragen.
(Mrs. Mop in den Kommentaren dieses Beitrags)
Schlagwortarchiv für: Propaganda
Aber ist es romantisch zu werten, wenn Goebbels von einer Fahrt in bombenzerstörte Weststädte pathetisch lügt, er selber, der doch den Betroffenen Mut einflößen wollte, fühlte sich durch ihr unerschütterliches Heldentum »neu aufgeladen«? Nein, hier wirkt bestimmt und allein die Gewöhnung, den Menschen zu einem technischen Apparat zu erniedrigen.
Ich sage es deshalb mit Bestimmtheit, weil in den andern technischen Metaphern des Propagandaministers und des Goebbelskreises der unmittelbare Bezug auf das Maschinelle ohne jede Erinnerung an irgendwelche Kraftströme herrscht. Wieder und wieder werden tätige Menschen mit Motoren verglichen. So heißt es etwa im »Reich« von dem Hamburger Statthalter, er sei in seiner Arbeit wie »ein immer auf Hochtouren laufender Motor«. Viel stärker aber als solch ein Vergleich, der immerhin einen Grenzstrich zieht zwischen dem Bild und dem damit verglichenen Objekt, viel gravierender zeugt für die mechanisierende Grundanschauung ein Goebbelssatz wie dieser: »Wir werden in absehbarer Zeit auf einer Reihe von Gebieten wieder zu vollen Touren auflaufen.« Wir werden also nicht mehr mit Maschinen verglichen, sondern wir sind Maschinen. Wir: das ist Goebbels, das ist die nazistische Regierung, das ist die Gesamtheit Hitlerdeutschlands, die in schwerer Not, bei schrecklichem Kräfteverlust ermutigt werden soll; und sich selber und all seine Getreuen vergleicht der sprachgewaltige Prediger nicht etwa, nein, identifiziert er mit Maschinen. Eine entgeistigtere Denkart als die sich hier verratende ist unmöglich.
(Victor Klemperer – LTI)
Neueste Kommentare